Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Lorenz Justin Ritz

Lieu d'envoi: Kleinbremen

Date d'envoi: 01-08-1857

Sources complémentaires

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Raphael Ritz à son père à Sion. Se demande s'il doit rentrer à la maison - Avantage toujours de travailler en Westphalie - Plus tard, je me consacrerai aux Alpes et au peuple alpin. - La lumière du soleil.

Bester Vater!

Ihren lieben Brief von 9ten July habe ich erhalten und villeicht am demselben Tage und in der Stunde, in welcher auch die liebe Mama meinen Brief erhalten haben wird. Aus diesem haben Sie bereits vernommen, dass ich behufs zu Studien für meine beiden angefangenen Bilder wieder hier in Westphalen mich aufhalte. Ich hätte diese Studien allzugerne in meiner Heimath, bei Ihnen, gemacht; denn ich habe eine grosse Sehnsucht, Euch alle und die Heimath wieder zu sehen und es würde mich sehr schmerzen, wenn ich diess Jahr diesem Wunsche auch noch nicht entsprechen könnte.

Es ist aber für mich sehr vortheilhaft, wenn ich diess Bilderpaar noch in Düsseldorf vollende, somit müsste ich denn nach der Studienreise wieder dahin zurückkehren und weil aber die Kosten einer Reise nach Sitten hin und wieder nach Düsseldorf zurück so gross sind: so muss ich auf die Erfüllung meines Wunsches für diess Jahr villeicht noch verzichten. Ich war schon hier, als ich Ihren Brief erhielt; und es that mir nun doppelt wehe zu lesen, dass auch Sie mich in Bern erwarten. Wollen Sie mir schreiben: soll ich mich noch diess Jahr gedulden und die 2 Bilder in Düsseldorf fertig malen, – oder soll und darf ich noch eine Studienreise nach der Heimath machen, um wieder nach Düsseldorfzurückzukehren? – Die Kunst und mein zukünftiges Wohl betreffend, ist allerdings und natürlicher Weise gut für mich, noch in Düsseldorf zu bleiben, und daselbst wenigstens noch ein landschaftliches Genrebild (Kinder-Idyll) zu malen, und wenn möglich auch das Blindekuhspiel. Das fordert die Kunst und ich kann ihr diess Opfer wohl noch bringen. Andrerseits aber zieht mich das Gemüth nach der Heimath zurück. –

Das norddeutsche, westphälische Volksleben ist für das Genre ungemein dankbar und interessant, originell; aber ich bin Schweizer und würde mich an meiner Heimath versündigen, wenn ich dieselbe nicht zum Gegenstand meiner Studien und Bilder machen würde, weil sie eben so dankbar und lange nicht so ausgebeutet ist. Diese beiden angefangenen Bilder kann ich wohl noch im hiesigen Karakter malen, wenn ich diess Jahr nicht nach Hause komme; dann aber vale, lebe wohl Norden; nur den Alpen und den Alpenvölklein soll sich dann mein Pinsel weihen! – 

Mit meiner Gesundheit geht es zimlich gut. Ich male fleissig Studien; diess Jahr mache ich mir besonders die Sonnenbeleuchtung zum Gegenstand meines Studiums; das landschaftliche Motiv und die Figur, in Sonne, oder im Schatten, mit Sonne hinten; weil das eine Bild in dieserBeleuchtung oder Wirkung componirt ist. In freier Luft ist die Farbe, Wirkung und so weiter ganz anders, feiner, als im Intérieur, noch mehr und weit schwerer aber die Sonne. Das ist ein neues Feld für mich und ich muss das tüchtig studieren. Es ist aber sehr gut für mich; – mit Genres in landschaftlicher Umgebung und besonders die Sonne werde ich dankbarer Bilder malen und besser einnehmen können, weil diese Richtung weit schöner, dankbarer und gesuchter ist als die Intérieur-Genres und jenes mich mehr anspricht.

Sämmtliche Schüler Jordans sind diess Jahr wieder hier und damit noch verchiedeneandere, was allerdings auch von Vortheil ist, weil man von andern immer lernt.

In Düsseldorf habe ich ein Bildchen auf der Ausstellung: diese endet mit September. Es sind viele Bilder daselbst, ich habe die Eröffnung gesehen; auch Bilder aus Berlin, Paris, Brüssel; und so weiter – 

A propos. Ich gebe Ihnen noch die Vollmacht, dass Sie mit dem Bild in Bern (Hausirer) in Betreff des Preises herablassen

können, wenn Sie allenfalls wollen oder ein derartiges Gebot darauf gemacht wird, weil der Preiss für Hannover bestimmt und für Bern villeicht zu hoch ist. – 

Schliesslich muss ich Sie nochmals um eine gütige Geldsendung bitten, weil ich mit meinen Gelde wieder aus bin und nicht bis September warten kann; wenn’s Ihnen noch möglich ist. –

Nun 1000 herzliche Grüsse an Sie, an Mama, Geschwisterte, Gönner, Verwandte, Freunde, und so weiter  

Von Ihrem dankschuldigsten SohnRafael. Klein-bremen, 1 August 1857. Raphael Ritz, in Klein-bremen, bei Hausberge (bei Pr. Minden). (Preussen)