Emetteur: Raphael Ritz
Destinataire: Lorenz Justin Ritz
Lieu d'envoi: Düsseldorf
Date d'envoi: 07-06-1857
Raphael Ritz à son père à Sion. Le tableau pour l'exposition à Berne - Exposition des minéraux et leur vente - Le tableau "Landleben" - 14 sujets différents de tableaux - L'idée de s'installer à Zurich.
Düsseldorf den 7 Juni 1857.
Lieber Vater!
Ihren lieben Brief vom 21 May habe ich mit dem beiliegenden Betrage von 200 Franken (in Gold und Silber) erhalten. Beides war mir recht willkommen und ich danke Ihnen dafür bestens. –
Mein Bild wird nun wohl in Bern sein. Es kam am 10ten May abends endlich in Düsseldorf an, zimlich wohlerhalten, nicht in der Kiste, in der ich’s nach Hannover schickte, sondern in einer, die viel grösser war und eine ganz andere Nummer trug, als das Bild selbst. Die Kiste wurde gleich verkleinert, passend zum Bild und ich überzog die verschiedenen eingeschlagenen Stellen des Gemäldes mit dem hier dazu gebräuchlichen französischen Firniss (aus Spiritus und Lavendelöl). Am 12ten begann es seine Reise nach der Schweiz, bis Mannheim im Dampfboot, weiter als Eilgut per Eisenbahn. Nun wünsche ich Glück dir, mein zweites Bildchen; du kommst jetzt in mein liebes, schönes Vaterland und ich beneide dich darum. –
Was meine Mineralien- und Felsarten-Sammlung betrifft, so wäre es mir lieb, wenn sie auch ausgestellt werden könnte; so unvollkommen sie ist, so hat sie doch manches Gute und Interessante, dazu enthält sie auch grösstentheils Walliser-Mineralien und Felsarten, wovon letztere meist topographisch geordnet sind, das ħeisst nach ihrer Reihenfolge von einem Berge zum andern. Villeicht aber ist die Sammlungnicht hinlänglich genau klassifiziert, einiges ist nur provisorisch hingesetzt worden, anderes nicht richtig oder nur mit Bleistift ettiquettirt, dann sind manche überflüssige Doubletten darin und so weiter Immerhin wäre es mir lieb, wenn sie verkauft werden könnte; ich kann mich doch nicht mehr damit abgeben. Indessen überlasse ich es ganz Ihrem Gutfinden, was Sie mit der Sammlung machen wollen; das ist mir auch recht. –
Ich befinde mich jetzt zimlich gesund und wohl; mein westphälisches Bild « Landleben » ist jetzt beinahe fertig, bis an einige Retouchen, (Lesuren| Luseren?) ; einzelne Details. Nach diesem komme ich wieder ans Kinder-Idyll, muss aber vorher noch einige grössere detaillirte Studien dazu machen, als ein grosser Lindenbaum und Terrain zum Vorder- und Mittelgrund, Sonnenstudien et cetera Wo? weiss ich noch nicht. Fast hätte ich’s noch nach Bern senden können. Nun denke ich, es hier auf der grossen rhein. westphälische Kunstausstellung auszustellen, die am 7 Juli beginnt. Es zeigt sich darin gegen den Hausirer et cetera wieder ein guter Fortschritt; und der Hausirer war seinerseits auch wieder bedeutend besser als das erste Bild. –
Apropos, noch ein paar Worte habe ich nachzutragen aus unserm Compositionsverein, der diesen Winter auf Jordans Atelier war, wo wir, einige Unterbrechungen abgerechnet, einmal wöchentlich zusammenkamen und Entwürfe aus dem Volksleben et cetera (Genres) vorzeigten und Vorlesungen hielten. Mit des Winters Ende hörte das erstere auf, die letzteren haben wir noch einmal wöchentlich. Folgendes waren meine Entwürfe : 1) Das Landleben, das ich dann als Bild malte und bald fertig habe; – 2) Hirtenkinder, westphälische, mit ihrer Heerde, bei einem Feuer; Abend im Spätherbst. 3) Ein Künstler und ein Naturforscher auf einem Berge, zugleich die verschiedene Naturauffassung der beiden zeigend, der erstereentzückt und jubelnd über die ganze Naturschönheit, der andere pedantisch und kalt nur um seine Pflanzen et cetera beschäftigt. 4) In einem Laboratorium, ein Physiker macht vor verschiedenen Bauern Experimente (lässt den Teufel tanzen et cetera ). Hier wäre es besser, wenn die Szene auf dem Jahrmarkt oder im Wirthshause spielte. –
5) Das Kinder-Idyll, von dem ich auch bereits ein Bild untermalt habe. – 6) Auf einem wilden Bergpasse: Ein armes altes, blindes Weib ruft an demselben aus, mit einem jungen Mädchen, (das sie führt, begleitet); ein Gemsjäger, von der Jagd zurück, kommt vorbei und reicht jenen seinen übrigen Mundvorrath als Almosen. – 7) Mehrere Hirtenbuben auf einem Fels, theils schon oben, theils noch herauf kletternd. – 8) In einem Intérieur: ein Mädchen unter der Thüre, mit Buttern beschäftigt; der Senne, ihr Schatz kommt eben vom Berg herunter vorbei und reicht ihr einen Blumen-Strauss, hinten am Feuer-Herd die Mutter; die Sonne bescheint die vordere Hauptparthie. 9) Winterbild: eine alte Frau mit Holzlast aus dem Wald heimkehrend, ein Kind eilt ihr entgegen und ein anderes junges Mädchen hält die Thüre des Gehöftes auf, in das jene eintrit (Schnee). – 10) Ein Touristen-Bivouak, auf einen Gletscher im frühen Morgen; sie haben die Absicht, einen hohen Berg zu ersteigen und hatten ihr Nachtquartier auf dem Eis und Fels aufgeschlagen; unten alles in Dämmerung, einige am Feuer; die Berggipfel bereits von der Sonne geröthet. 11) Hirtenkinder, die Heerde heimtreibend; ein Mägdlein trägt das jungste Lämmchen. – 12) Des Malers Familienglück. 13) An der Quelle; ein paar Mädchen holen Wasser, zugleich ist auch der Hirte mit den Ziegen gekommen zur Tränke und plaudert mit jenen; ein schönes landschaftliches Motiv aus Westphalen liegt hier zu Grunde. –
14) Das Blinde-Kuh-Spiel (Intérieur). Dieses und andere von den genannten Entwürfe werden mir wieder zu Bildern dienen. Und Sie sehen, das es meist idyllische Stoffe, und grössentheils im Freien, sind, und zwar manche aus unserm Vaterlande. Ich wünsche und hoffe, meine Heimath vorzugsweise zu studieren und Bilder aus dem Volksleben desselben zu malen; es bietet dazu so viel Gutes, Schönes, Interessantes und Originelles, im Volk sowohl als in Lokalität, und so weiter .
Es hängt nun von den Umständen ab, wann und wo ich mich in der Schweiz niederlassen werde. Im Genre, in der Malerei überhaupt, darin werde ich freilich und leider wenig in Wallis wenig oder nichts verdienen. Steht mir aber nicht auch, wie andere, der Verkauf an andere Orten offen, auch ausländiche Kunstausstellungen, Bestellungen et cetera , so Gott will? – Das Genre ist doch im Allgemeinen beliebt, insbesondere das landschaftliche, idyllische, kindliche. Wenn es möglich wäre, wünschte ich allerdings hier noch einige derartige Bilder zu malen, da es für mich von so grossem Vortheil ist. Sollen diese Darstellungen aus meiner Heimath sein, so müsste ich vorher freilich auch in derselben die Studien dazu malen, das ist im Genre durch- aus nothwendig. So lang das nicht geschehen kann, muss ich auch westphälische Bilder malen, was hier sehr viele thun. – Zur Niederlassung in der Schweiz würde mir Zürich schon gefallen; die Lage ist da zimlich günstig; es sind mehrere Künstler, Kenner, ein Verein, eine Ausstellung, auch Kunstsein da et cetera , was so wichtig ist, wenn man nicht einen Rückschritt in Kunst machen soll. Wann, und wie? Das hängt von Umständen ab. Ich komme im nächsten Brief hierauf zurück und schliesse mit 1000 Grüssen an Euch Alle, an Sie, an Mama, Geschwisterte und an alle oftgenannten, Lieben, Verwandte, Freunde, Gönner und so weiter
Ihr dankschuldigster Sohn Rafael.Es versteht sich, dass ich ausser diesen 14 Entwürfen noch eine Anzahl anderer Entwürfe, auch meist idyllisch und vaterländisch, habe.