Emetteur: Raphael Ritz
Destinataire: Lorenz Justin RitzMarguerite Ritz-de Torrenté
Lieu d'envoi: Düsseldorf
Date d'envoi: 26-12-1856
Raphael Ritz à ses parents à Sion. Réflexions sur la mort du chanoine Rion - Bénédictions - Danger de guerre pour la Suisse et discours moqueurs - Société de composition du professeur Jordan et son utilité - Le tableau "le colporteur" va à Hanovre à l'exposition.
Düsseldorf 26/12 1856.
Theurste, beste Eltern!
Ihren Brief vom 11. Dezember, lieber Vater, habe ich mit dem beiliegenden Betrage von 200 Franken, in Gold, erhalten, auch mit dem Passe; – herzlich danke ich Ihnen dafür. –
Der Brief enthielt auch betrübende Nachrichten; – Gott sei Dank, dass Sie wieder hergestellt sind; ich wünsche und hoffe, dass Ihr alle Euch jetzt recht wohl und gesund befindet. – Der Tod des Professor Canon Rion ist ein Verlust für uns, für Sion, für’s ganze Vaterland. Wer wird nun wohl seine Stelle ersetzen, als Professor der Naturwissenschaften, als Präfekt, als Präsident der wissenschaftlichen Gesellschaft, was wird wohl aus seiner Flora valesiana und andere hinterlassenen Schriften, Sammlungen und so weiter werden? –
Wir haben nun einen Jahreswechsel vor uns. Euch allen, Ihnen, Vater, der Mama, den Geschwisterten, Euch allen wünsche ich von ganzem Herzen ein recht frohes, glückliches Neujahr; Freude, Glück, des Himmels Segen, die Erfüllung aller Eurer Wünsche, kurz alles Gute. Und Euch, liebe Eltern, danke ich ganz besonders für alles, was Ihr mir im Laufe des verfliessenden Jahres und früher, erwiesen habt. Der Allmächtige belohne all Eure Güte und Liebe, Eure Mühen und Sorgen, Alles lohne Er tausend fältig und er gebe, dass wir, Eure Kinder, Euch auch recht viel Freude machen können, dass wir uns Eurer Liebe würdig erzeigen mögen. –Vergebt mir gütig, was ich gefehlt, beglückt mich ferner auch mit Eurer Liebe, Güte und Nachsicht. –
Was das folgende Jahr uns bringen wird, weiss der Himmel; unser liebes, gutes Schweizervaterland ist bedroht. Der Herr des Weltalls bewahre es vor Unglück, er leite alles zu seinem Besten. – Von hier melden Euch die Zeitungen schon alles; ich brauche nichts davon zu schreiben. Auch in Düsseldorf wird gerüstet. Wohl kann man auch manch niederträchtige Schimpf- und Spottreden gegen die Schweiz hören und lesen, – und muss dabei schweigen.
Sollte es wirklich zum Kriege kommen, was Gott verhüten wolle, solltet Ihr dann alle für’s Vaterland kämpfen, – dann wird meine Lage hier eine peinliche, schmähliche sein, hier in Friedesland, fern von Euch, liebe Eltern, Geschwisterte, fern von der Heimath. – Schwach sind meine Kräfte, wenig kann ich nützen, aber es ist meine Pflicht, soviel in meinen Kräften steht, für’s Vaterland auf irgend eine Art mitzuwirken, mitzuhelfen. Vater, Sie werden mir sagen, was ich im Falle der Noth zu thun habe; ich werde thun, was Sie sagen. –
Glück, Heil und Segen dem gesammten Vaterland, auf’s Neujahr! Vive la Patrie! –
Bald hätte ich nun vergessen, auch von meiner Wenigkeit etwas zu schreiben. Ich befinde mich gesund und wohl, arbeite, studiere, male, componiere noch fleissig. Professor Jordanhat einen Compositions-Verein neulich für seine Schüler gegründet. Als solcher bin auch ich Mitglied. Wir versammeln uns alle acht Tage, nämlich jeden Montag, abends von 7 bis 10 Uhr, in seinem Hause. Bisher reichten wir jedesmal eine Composition, in flüchtigen Entwurfe, (ein| nie?) zur Beurtheilung. Von jetzt an aber werden wir alle Tage einmal eine Composition mitbringen; diese ist aber nicht mehr bloss Entwurf; sie muss schon mehr ausgeführt sein. Alles muss sich deutlich aussprechen; Karaktere, Draperie, Motive, Beleuchtung, Wirkung und so weiter müssen auch angegeben werden. Am bestimmten Tage versammelt man sich, setzt sich um einen grossen Tisch, die Zeichnungen (beliebig, ob in Kohle, Stift, Kreide, Tusche oder Aquarell et cetera ) werden vorgelegt, Jeder giebt sein Urtheil, seine Meinung ab, zuletz auch Professor Jordan. Es versteht sich von selbst, dass so was sehr? nützlich und vortheilhaft ist. – Am Montags Abend, zwischen den werden Vorlesungen gehalten, über Volksleben, Volkspoesie, Dorfgeschichten.
So können die Winterabende nun recht nützlich zugebracht werden und man sammelt sich dabei auch Compositionen und Vorarbeiten zu zukünftigen Bildern. – Mein Hausirer geht auf die norddeutsche Kunstausstellung, nach Hanover, wo sie im Februar beginnt. Zu einem neuen Bilde mache ich jetzt auch eine Kohlenzeichnung, einen Gegenstand aus dem Kinderleben, in landschaftlicher Umgebung. – Was wird wohl aus der Schweizerischen Kunst- und Industrie-Ausstellung werden, im Falle des Krieges? –
Nun 1000 herzliche Grüsse und Glückswünsche, an Sie, an Mama, an Geschwisterte, ferner auch an unsere Freunde, Gönner, Verwandte, in Sion, Goms, Brieg, Visp und so weiter
Ihr dankschuldigster SohnRafael. Schreiben Sie nach Brieg und Muotathal, so wollen Sie gütig meine Neujahrswünsche mitgeben. –