Emetteur: Raphael Ritz
Destinataire: Lorenz Justin RitzMarguerite Ritz-de Torrenté
Lieu d'envoi: Düsseldorf
Date d'envoi: 15-02-1856
Raphael Ritz à ses parents à Sion. Rapport sur son entrée dans l'atelier Jordan en tant qu'artiste pratiquant le 1er février. La boîte du premier tableau est terminée : Questions concernant le costume des femmes d'Evolène - Nouvelles de la météo.
Beste Eltern!
Ihren lieben Brief habe ich mit vieler Freude empfangen und gelesen; von ganzem Herzen danke ich Ihnen für die lieben Glückswünsche. – Ich habe nun seither einen sehr wichtigen Schritt gemacht, eine neue Epoche meines Lebens begonnen; ich fange jetzt nämlich meine Laufbahn als ausübender Künstler an, bin bei Jordan eingetreten und habe mein erstes Genrebild angefangen. Bis dahin war ich noch auf der Malklasse des Herrn Professor Hildebrandt, malte da Studienköpfe und beschäftigte mich nebenbei mit Componieren, Skizzieren, und so weiter – Allseitig wurde mir angerathen, in Jordan’s Atelier einzutreten, ich habe es am 1ten Februar gethan und habe alle Ursache, über diesen Schritt sehr froh und zufrieden zu sein. Jordan ist der beste Lehrer in hier, sowohl in Zeichnung und Composition, als in Farbe und Ausführung et cetera ; seine Methode ist ganz ausgezeichnet. Den Carton zum ersten Bild habe ich fertig und bin jetzt an der Leinwand. Der Gegenstand: eine alte Grossmutter, beim Spinnrad, erzählt einem jungen schönen Mädchen, das am Fenster strickend sitzt (Jordan hatte mir gerathen, beim ersten Bilde nur zwei Figuren zu nehmen, um sie desto besser ausführen zu können). Die Grösse 24 Zollhöhe auf 20 Breite. – Ich werde somit, so Gott will, auf nächster Kunstausstellung ein Bild haben und kann hoffen, dass dasselbe vom hiesigen Kunstvereine oder vom Publikumangekauft werde. Die Arbeiten von Jordan’s Schülern werden besonders gerne gekauft. – Freilich kostet’s monatlich zwei Fridrichs d’or, wofür ich den Unterricht, Atelier mit trefflichem Lichte (in Jordans Haus) und Heizung et cetera habe. Dazu kommen dann auch Auslagen an’s Modell. Dafür gewinne ich aber in jeder Hinsicht ungemein viel und ich bin ganz überzeugt, dass mich das alles reichlich rentieren wird. Es ist der einzige Weg für mich, um so bald als möglich verdienen zu können. Mit dem Verkaufe des ersten Bildes werden auch schon viele Ausgaben gedeckt und kann dann leicht für weiteres gesorgt werden. Ich kann bei Jordan ungemein viel gewinnen in Zeichnung, Colorit, Composition, Stimmung, lerne ein Bild in allen seinen Theilen componieren, malen und gut ausführen; und auch noch in andern Hinsichten kann ich da profitieren. Jordans Haus, der Künstlerkreis, der sich um ihn sammelt und seine übrigen Schüler (meine Collegen), das sind alles treffliche und sehr gebildete Leute; der Umgange mit denselben wird mir ebenfalls viel nützen; auch habe ich da treffliche Gelegenheit, französisch zu sprechen. Kurz, ich bin überzeugt, das Geld Opfer, das wir jetzt noch bringen, wird sich sehr gut lohnen und rentieren.
In der Akademie bleibt mir der Zutritt zum Aktzeichnen, zu den Vorlesungen abends, et cetera , gestattet. – Hätte ich auf der Akademie in die Compositionsklasse (wo Bilder gemalt werden und Direktor Schadow korrigirt) treten wollen, so hätte ich wenigstens noch mehrere Monate (wohl bis nach den Herbstferien) warten müssen, bis ich da einen Platz bekommen konnte, weil alle Plätzein derselben besetzt und noch verschiedene Anwartschaften auf dieselbe da sind. Ueberdiess ist Schadow’s Unterricht und Correktur im Genrefache sehr kurz und mangelhaft, im Colorit gar nichts; seine Sache ist das Historische und der Styl, und nun ist er auch schon sehr alt und augenschwach, öfters krank. –
Nochmal mein Bild betreffend, habe ich das Costum von Evolena gewählt, das gut dazu passt und das Interessante erhöht. Hiebei möchte ich Sie aber fragen, 1) ob die Mädchen oder Weiber in Evolena bisweilen auch blaue Röcke oder Unterröcke tragen (welche Farbe zu einer der beiden Figuren gut passen würde) und welche Farben ausser roth und braun überhaupt bei den Röcken vorkommen; 2) ob alte Weiber im Zimmer statt des Hutes oder der Haube bisweilen auch bloss ein Tuch um den Kopf binden? – Diese Fragen können vielleicht Herr Tavernier oder Andern Ihnen beantworten. Wenn man die Wahl hat, so stellt man natürlich lieber solche Farben zusammen, die miteinander stimmen und schön harmonieren. Nun geht auch mein Geld wieder zu Ende; ich möchte Sie daher um die Güte bitten, mir wieder welches senden zu wollen. Ausser den Ausgaben für Kost, Logis, Reise, Licht, Wäsche, Flickereien, et cetera hatte ich: das Akademie Honorar, die Rechnung des Arztes für’s Jahr 1855 (die Aerzte versenden ihre Rechnungen hier immer am Neujahr); ferner hatte ich den Mantel, der auf der Reise sehr gelitten, kehren und ändern lassen (was3 Thaler kostete), das ganze Maler-Material, Modell, und der gleichen –
Die hiesige Elle betreffend, hat sie zwei rheinische Fuss, der dem Pariser fast gleich ist; 3 circa gehen auf den Mêtre. –
Der Winter war bisher sehr schön, schon lange kein Schnee mehr; der Eisgang, einmal zimlich stark aber ohne Schaden, hat längst aufgehört, der Rhein hat wieder genug Wasser und die Dampfschiffe haben den Hafen meist wieder verlassen. – Von Stans, Heinrich, habe einen Brief erhalten. –
Mit der Untermalung bin ich jetzt bald fertig, dann fange ich gleich noch einen andern Gegenstand an, dessen Carton und Untertuschung, und kehre dann auf’s erste Bild zurück zur Ausführung. Gebe der Herr dazu seinen Segen! Ich will mein Möglichstes thun. Es kostet jetzt allerdings noch im Opfer, aber ich hoffe es bald zu decken; ich bezahle oder brauche diess Geld jetzt noch, um desto eher ärnten zu können.
Nun schliesse ich, mit 1000 Grüssen, an Sie, Mama, Wilhelm, Lorete, – ferner an unsere Gönner, Freunde, Bekannte, in Sitten und Oberwallis, an die Herrn Berchtold, Rion, Familie von Kalbermatten, Fumeaux, Henzen, Furrer, Tavernier, und so weiter
Von Ihrem dankschuldigsten SohnRafael.Düsseldorf 15/ 2. 56.
Post Scriptum Meine herzlichen Neujahrswünsche, Grüsse und Empfehlungen an meine Gönner und Freunde et cetera in Sitten: Berchtold, Rion, Calpini, Tavernier et cetera et cetera ; besonders an unsere Verwandten in Niederwald, und so weiter Sollte der liebe Wilhelm nicht in Sitten sein, so möchten Sie ihm gütigst berichten, was ich geschrieben und ihm meine Glückswünsche und Grüsse senden. Gänzlicher Mangel an Zeit erlauben mir jetzt leider nicht, alle diese Briefe selbst abzufertigen. –
Nota Bene Da ich meine Musikheftchen in Sitten (auf dem Pult) vergessen und mich doch bisweilen üben sollte, so möchten Sie mir dieselben gefälligst senden; – solches hier zu kaufen oder Unterricht zu nehmen, das wäre mir zu theuer und ich hätte auch nicht Zeit dazu, indem mir bloss noch 8 Uhr Abends noch etwas Zeit übrig bleibt. – Damit möchten Sie mir auch etwa 1 oder zwei Ansichten von Sitten senden, wenn das Porto dadurch nicht erhöht wird. –