Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Lorenz Justin RitzMarguerite Ritz-de Torrenté

Lieu d'envoi: Düsseldorf

Date d'envoi: 01-01-1856

Sources complémentaires

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Raphael Ritz à ses parents à Sion. Vœux du Nouvel An - Œuvres sous la direction du professeur Hildebrandt - Son colocataire le peintre Roegels - Exposition des œuvres d'Alfred Rethel.

Düsseldorf, Neujahr 1856.

Bester Eltern! Theurster Vater, Theurste Mutter!

Es ist denn abermals ein Jahr vorüber und der ernste feierliche Tag wieder da, an dem ein Neues beginnt. Es ist so recht eine Zeit, an Vergangenheit und Zukunft zu denken, so recht ein Fest der kindlichen Dankbarkeit. Wie gross war wieder Ihre Liebe und Güte gegen mich, wie zahllos auch die Beweise denselben im verflossenen Jahre. Empfangen Sie dafür meinen innigsten Dank, der Allerhöchste wolle Sie tausendfach belohnen. Möge Ihnen das neue Jahr recht viel Glück und Freude bringen, wolle der Himmel geben, dass Sie diess Fest noch recht oft, noch recht viele Jahre fröhlich feiern können und das schönste Glück, Gesundheit, Gottes Segen und alles Liebe, Schöne und Gute Sie stets begleiten. Beste Eltern, schenken Sie mir auch in Zukunft Ihre Güte, Liebe und Nachsicht; – wolle der Himmel Ihre Güte, Mühen und Sorgen segnen und geben, dass sie recht gute Früchte bringen. – 

Gesund bin ich ins neue Jahr eingetreten und arbeite fleissig in der Akademie, unter Professor Hildebrandts Leitung. Für einstweilen beschäftige ich mich mit dem Malen nach dem Modell, dem Componieren und Malen von Farben Skizzen. Ich fange nun auch an, Farbenskizzen in grösserm Massstabe auszuführen (gleichsam kleine Bilder), und bereite mich so am Besten auf’s Bildermalen vor. An Anleitung dazu fehlt’s auch nicht und so kann ich schon vieles lernen, in Composition, Farbenwirkung, Stimmung, Technik et cetera Auf diese Art brauche ich auch weniger Geldopfer, als wenn ich gleich in ein Atelier getreten wäre. Bin ich dann zu einem gewissen Grade gekommen, habe ich mir bereits Vorarbeiten gesammelt und weitere Kenntnisse in Composition, Stimmung et cetera erworben: so ist’s dann allerdings am Besten, in Jordan’s Atelier zu gehen und dann komme ich denn auch um so schneller und wohlfeiler im Bildermalen vorwärts. –

Nun wohne ich im Hause des Herr Lamertz mit Maler Roegels zusammen; wir haben miteinander zwei Zimmer und die Preise oder Ausgaben für Kost und Logis sind dieselben wie voriges Jahr. Roegels ist ein guter Colorist und sehr brav, ordentlich, gebildet und musterhaft fleissig. – Auf der Akademie sind wichtige Aenderungen vorgefallen: Professor Sohn und Mosler haben abgedankt, jener ist durch Professor Köhler, dieser durch Professor Andreas Müller ersetzt worden, beider sehr tüchtige Männer und grosse Künstler. Auch die Ordnungund Zucht in den verschiedenen Klassen ist strenger geworden. An den Gebäulichkeiten sind ebenfalls Aenderungen gemacht worden. – Nun fängt das zweite Semester an; vom ersten hatte ich nur einen kleinen Theil mitgemacht. Uebrigens musste ich auch das Honorar für’s erste Semester (3 Thaler) nach Gebrauch bezahlen. – Jüngst waren in der Akademie eine Anzahl von den herrlichen Compositionen Alfred Rethel’s, eines der grössten Genie’s und Komponisten, ausgestellt, als der gewaltige Karthager-Zug über die Alpen, in sechs Blättern verschiedene Situationen aus demselben darstellend, einige biblische Blätter Saul’s Bekehrung, Paul’s Predigt zu Lystra, Kaiser Theodosius Ausweisung aus der Kirche, die Musik in der Natur, die 4 Stände, ein Paar phrygischer Pferdebändiger, König Wenzeslaus und so weiter – In der permanenten Kunstausstellung waren und sind noch ebenfalls mehrere ausgezeichnete Bilder ausgestellt, von den grössten Künstlern in hier, als von Lessing, Leutze, Bleibtreu, Sohn, Andreas und Osw. Achenbach, und so weiter –

Nun nochmals meine herzlichen Neujahrswünsche und 1000 Grüsse und Empfehlungen an Sie, bester Vater, und beste Mama, sowie auch an Wilhelm und Lorete,

Von Ihrem dankschuldigsten SohnRafael.Meine Neujahrswünsche und Empfehlungen an die Herrn Berchtold, Rion, Henzen, Furrer, Calpini, an die Familie von Kalbermatten, Fumeaux, an Herrn Tavernier, Branns, und so weiter und wenn Sie schreiben, hinauf nach Niederwald et cetera Beiliegend Perspective et cetera