Emetteur: Raphael Ritz
Destinataire: Lorenz Justin Ritz
Lieu d'envoi: Düsseldorf
Date d'envoi: 31-07-1855
Raphael Ritz à son père à Sion. Avantage de prolonger les études universitaires - Éloge de la peinture de genre de Düsseldorf - Intention de profiter des vacances - Nouvelles oeuvres à l'exposition d'art.
Bester Vater!
Ihren lieben Brief vom 15ten dieses habe ich erhalten und beeile mich nun, denselben und Ihre mir darin vorgelegten Fragen zu beantworten, da die Zeit der Ferien schon sehr nahe ist. –
Sie befragen mich in Ihrem Briefe über den Nutzen der Verlängerung meines akademischen Studiums und über die Ferien; ich habe alles gründlich überlegt, wie es die Wichtigkeit der Sache erfordert, und schreibe Ihnen nun in Kürze, was ich darüber denke.
Vor allem bin ich überzeugt, dass die Verlängerung meines akademischen Studiums von grossem Vortheile und Nutzen für mich sein wird. Genremalerei ist das Fach, das ich vor allen andern Fächern liebe und anstrebe und das sich auch leicht mit Porträtmalen verbinden lässt. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es für mich gewiss von grossem Nutzen, wenn ich mein Studium in Düsseldorf verlängern kann. Hier ist eine vortreffliche Schule für die (ss| ß?) Fach, wodurch sie besonders auch berühmt wurde. Man hält sich im Genre hier so recht und in allen Theilen an die Natur, in allem wird sie hier studiert oder zu Rathe gezogen und Alles wird mit Hülfe der Natur selbst oder der Naturstudien gemalt; dadurch werden die Genrebilder auch wie sie sein sollen, man findet die Natur darin schön und einfach wie sie ist. –
Wie Sie wissen, sind es auch erst ungefähr acht Monate, seitdem ich in der Malklasse bin und da nach dem Leben male, in welcher Zeitich allerdings vieles gelernt und gewonnen, wie man zum Beispiel aus dem Unterschiede zwischen meinen ersten und letzten Köpfen und Akten sehen kann. Nun wird es aber gewiss sehr vortheilhaft für mich sein, wenn ich meine Studien hier verlängern und bald auch mit dem Malen von Genrebildern anfangen könnte, wodurch ich zugleich auch verdienen und Ihre Lasten und Kosten vermindern könnte, wie ich überhaupt alles thun würde, um Ihnen diese zu erleichtern. –
Was endlich die Ferien betrifft, werden diese mit Ende Augusts beginnen, womit die Klassen sowie die Kunstausstellung und so weiter geschlossen werden. Wie werde ich aber die Ferien am Besten und Nützlichsten zubringen? – Tüchtige Genremaler haben mir recht angerathen, es sei das Beste und Nützlichste, was ich in den Ferien thun könne, tüchtig Naturstudien zu malen, besonders karakteristische Figuren von Bauern, Landmädchen, Kindern, im Nationalcostum, interessante Interieurs, Küchen, und der gleichen . wie man sie beim Genre haben müsse. Natürlich muss ich diese Studien auch in der Heimath machen, wo ich meine Motive und Stoffe hernehme und Wallis ist davon besonders reich, interessant und originell. Sollten die sechs Wochen Ferien nicht ausreichen, um das Nöthigste zu sammeln, so kann ich auch länger ausbleiben, wozu unser Professor gerne und oft die Erlaubniss ertheilt.
Nun möchte ich Sie bitten, mir Ihre gütige Meinung und Ihr Gutachten über die zwei betreffenden Punkte mitzutheilen. Da ich morgen auch mit dem Gelde ausleeren werde, (weil der 1ste August Zahlungstag für Kost und Miethe ist undich auch das Honorar zu entrichten habe), so ersuche ich Sie auch um die Güte, mir bald wieder einiges Geld senden zu wollen. –
Am 15ten d. hat hier die grosse rheinisch-westphälische Kunst ausstellung angefangen. Sie enthält diess Jahr wie immer verhälnissmässig sehr (wenige?) Historienbilder und religiöse Darstellungen unter andern von Bleibtreu (Schlacht bei Crefeld), Niessen, Julius Hübner, Andreas Müller, Schmitz, O. Rethel, Thiel, Blanc et cetera ; – dagegen viele Genres, (die zahlreicher als voriges Jahr sind), von Fay (Christmorgen), Mad. Marie Wiegmann (allerliebste Pflanzerkinder), Bosch (Fähre beim Eisgang), Hiddemann (Kegelbahn), Kels (der Maler auf dem Lande), Salentin (das Findelkind), Sell (nach der Schlacht), Siegert(Soldaten [...] [ve]rhandelnd an einem Antiquaren), Jernberg (Familienszene), Walland[…] Weiber), Reiners (Ehepaar, die Frau holt ihren Gatten am frühen Mor[gen in] der Schenke, wo getanzt und gespielt wird, eines der besten Genres auf der Ausstellung), Litschauer (Flucht aus einem vom Feinde zerstörten Kloster), et cetera et cetera Mehrere Porträts von Professor Hildebrandt, Julius Hübner, Niessen et cetera Gross ist auch die Zahl der Landschaften, die Krone derselben ist von Lessing; ausgezeichnet sind auch die von Weber, Flamm, Michelis, Ruths, Wolff, und so weiter
Schliesslich meine herzlichen Grüsse an Sie, Mama, Wilhelm, Laurete, ferner an die Herrn Berchtold, Rion, Calpini, Henzen, und so weiter und so weiter
Von Ihrem dankschuldigsten SohnRafael. Düsseldorf 31. Juli 1855.