Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Lorenz Justin Ritz

Lieu d'envoi: Düsseldorf

Date d'envoi: 06-05-1855

Sources complémentaires

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Raphael Ritz à son père à Sion : Nouvelles de Stans et de Keller à Zurich - météo et dépenses dues à l'inflation - intention de composer des scènes de la vie populaire. Les oeuvres de l'exposition.

Düsseldorf, den 6. May 1855.

Bester Vater!

Mit herzlichen Glückswünschen an Euch alle, auf eine recht fröhliche und schöne Frühlingszeit, beginne ich meine Antwort auf Ihren lieben Brief vom 3ten April. Es freut mich sehr, dass die liebe Mama wieder hergestellt ist und dass Ihr somit alle wieder gesund und wohlauf sind. Wolle der Himmel auch fernerhin Eure allseitige Gesundheit erhalten! 

Auch von Stans (von Onkel Heinrich) und von Zürich her habe ich Briefe erhalten. Dort sei alles gesund, ausgenommen Tante Kathrinnli, die fast immer krank und beinahe den ganzen Winter im Bette liegen musste. Onkel Heinrich wird wieder (wohl für drei Wochen lang) nach Gossau gehen, und so weiter – 

Kellerschrieb mir ebenfalls; er ladet mich wieder ein, nächsten Herbst, bei meiner Rückkehr, Ihn zu besuchen und meldet mir unter anderm einiges über die Kunst in Zürich, über das neue Holztechnikum und so weiter Er giebt mir auch den Rath, auf die Methode des Unterrichts und auf die Manier der geschicktesten Lehrer wohl Acht zu geben, damit ich, wenn ich mich später ebenfalls dem Lehrfache widmen sollte, eine bestimmte Vorstellung hätte von der Behandlung der Schüler et cetera  

Der Winter, kalt und lange, hat endlich dem Frühling Platz gemacht. Dieser war aber bisher noch sehr veränderlich, bald schön und warm, bald kalt, oft windig,auch hat’s schon einmal gedonnert und gehagelt. Ueber die grosse Ueberschwemmung und den gewaltigen Eisgang im Winter habe ich Ihnen schon geschrieben, und Sie werden wohl auch durch die Zeitungen vernommen haben, welche ungeheure Verheerungen und Schaden dadurch einige Stunden unterhalb Düsseldorf und gegen Holland hin, verursacht wurden. Düsseldorf selbst und die nächste Umgebung hingegen haben wenig gelitten. – 

In Folge des Krieges sind, wie überall, so auch hier die Preise der Lebensmittel theurer geworden (besonders Fleisch, Getreide, Butter et cetera ), die Preise für Kost sind daher hier allseitig erhöht worden und auch ich muss für’s Mittagessen ½ Thaler monatlich mehr bezahlen. – Mein Geld wird bis anfangs Juni noch ausreichen, dann aber möchte ich Sie wieder um eine neue Sendung bitten. Ausser den Ausgaben für Kost, Logis, Licht, Wäsche, Flickereien, et cetera , gieng eine Parthie Geld auch auf Farben, Malpapier und -Leinwand, Akademie-Honorar, 1 Duzend Pinsel (Antwerpner Borsten) et cetera ), und so weiter

In Folge des ungesunden Wetters war auch ich die vorige Woche durch unpässlich, aber nur so dass ich während derselben das Arbeiten unterlassen und etwas medizinieren musste; jetzt bin ich wieder ganz hergestellt und wohlauf und kann somit auch wieder fleissig arbeiten. Mit dem Malen der Studienköpfe nach dem Leben geht’s vorwärts; das Urtheil der Prof. Schadow und Hildebrandt lautet, dass ich gute Fortschritte mache. Bald wird nun auch das Malen nach dem Akt beginnen. Das Aktzeichnen Abends hat schon Anfangs März aufgehört; der Direktor stelltedann noch eine Woche lang jeden Abend einen andern Akt, der in zwei Stunden skizzirt wurde (eine gute Uebung zum Skizziren und Componieren, es wäre sehr gut gewesen, wenn diese Uebung wenigstens noch einige Wochen fortgedauert hätte). – Zum Schlusse wurden vier Abende durch noch Draperie-Motive gestellt. – Im Componieren von Szenen aus unserm Volksleben habe ich dieses Jahr viel gewonnen oder gelernt. Gute und interessante Motive bietet unser Volksleben genug und ich habe viel Freude daran. Auch ein Paar ganz kleine Farbenskizzchen (Genres) habe entworfen. Gute Künstler haben mir diese Uebung sehr empfohlen, indem man dabei ausser der Anordnung auch Farbe, Stimmung, Wirkung et cetera studiert und in die Composition bringt. – 

Die Bilder, die von hier auf die grosse Ausstellung in Paris vers[end]et worden (und hier vorläufig auch ausgestellt worden sind), [werden / Düsseldorf] sehr viel Ehre machen, denn sie gehören mit zum Besten […] im Felde der Genre- und Landschaftmalerei. In diesen beiden Fächern überragt die hiesige Schule wohl alle andern. Es kommen daher viele Lernende und ausübende Künstler selbst von grossen berühmten Kunststädten hieher, wie zum Beispiel . viele Münchner, Wiener, Dresdner, Berliner und so weiter , um sich im Genre, oder Landschaft, oder überhaupt im Kolorit (ebenfalls eine Glanzseite der Schule) auszubilden. – Die Kunstausstellungen bringen fortwährend neue Bilder; – zimlich selten sind dagegen historische und biblische Gemälde. Letzthin und theils noch jetzt waren hier auch treffliche Kopien nach Tizian ausgestellt. Sonst ist von den Alten hier zimlich wenig zu sehen. –

Nun meine herzlichsten Grüsse an Sie, Mama, Geschwisterte,

Von Ihrem dankschuldigsten SohnRafael.Viele Grüsse auch an die Hr. Berchtold, Rion, Familie von , Henzen, Calpini, Tavernier, Dénériaz, und so weiter , und wenn Sie nach Goms schreiben, an die dasigen Onkel, Valentin und andere Verwandte, Freunde et cetera