Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Lorenz Justin Ritz

Lieu d'envoi: Düsseldorf

Date d'envoi: 05-03-1855

Sources complémentaires

Lien vers l'inventaire en ligne

Raphael Ritz à son père Lorenz Justin Ritz à Sion. Rapport sur ses études et les tableaux qui iront à l'exposition d'art de Paris, ainsi que par Tideman, etc. A Düsseldorf, 600 étudiants en art étudient - éloge de Düsseldorf et de sa direction - hiver rigoureux et pénurie d'eau.

Theurster Vater!

Ihren lieben Brief mit dem beiliegenden Betrage von 300 Franken in Gold und Silber habe ich richtig empfangen und bringe Ihnen dafür meinen herzlichen Dank. Ich werde fortfahren, sparsam zu sein, so gut als möglich zu haushalten und die Zeit recht fleissig und vortheilhaft zuzubringen, um mit Gottes Hülfe auf dem Gebiete der Kunst gute Fortschritte zu machen. Ich befinde mich wohl und male fleissig Studienköpfe und so weiter –

Wir haben jetzt hier wieder einen neuen, unerwarteten Kunstgenuss, nämlich eine Ausstellung der Bilder, die von hier auf die grosse Pariser Kunstaustellung gehen, im Galleriesaale der hiesigen Akademie. Es sind grossentheils ganz ausgezeichnete Gemälde. Das trefflichste im Genrefache ist Tidemand’s Bild «  Einsegnung einer Leiche in Norwegen »; es ist eines der schönsten Bilder, die ich hier bisher gesehen, herrlich gemalt und voll Leben, Kraft, Natur, in der schönsten Wirkung. Die andern Genres sind von C. Hübner (Auswanderer-Szene), Nordenberg (der erzählende Invalide) und so weiter Im biblischen Fache ist eine schöne Madonna von Ittenbach ausgestellt. Gestern kamen wieder zwei gut gemalte Bilder von Jernberg an (ein Motiv aus der nordischen Mythologie und ein Genrebild); Heute ist auf der Gallerie wieder ein grossartiges Bild ausgestellt: die Schlacht von Waterloo, gemalt von dem Schlachtenmaler Northen.Das Porträtfach ist durch Röting würdig vertreten. Die Landschaftsmalerei weisst eine Reihe von Bildern auf, die unter das Beste gehören, das in diesem Jahre geleistet worden ist; so die Landschaften von Andreas und Oswald Achenbach, Professor Gude, Michelis, Leu, Ruths, Larson, und so weiter – 

Unsere Malklasse, wie alle Klassen der Akademie überhaupt, sind jetzt tüchtig besetzt, mit Kunstjüngern von allen Ländern Europas et cetera Die Zahl der in Düsseldorf überhaupt befindlichen Kunstschüler und ausgebildeten Künstler zusammen, beträgt sich auf sechshundert. Darunter sind allein aus Schweden und Norwegen über 60, viele auch aus Amerika, und so weiter Selbst aus grossen Kunststädten, wie München, Wien, Dresden, Berlin, et cetera , befinden sich hier Schüler und ausübende Künstler. Ausser der Akademie haben noch mehrere Künstler ihr Privat schüler, wie die grossen Lessing, Leutze, Tidemand, Jordan (der beste Lehrer im Genre), Prof. Sohn und so weiter , A. und O. Achenbach, Weber, und so weiter Das Künstlerleben ist hier auch sehr schön, voll Anregung, Aufmunterung, Vorwärtsstreben, und in allem ein ganz durch profundes Studium der Natur. Die grösste Zahl sind Genre- und Landschaftmaler; dieses sind die beiden Glanzpunkte dieser Schule. Historienmaler hat’s verhältnissmässig wenige und auch diese haben noch meistens eine naturalistische, oft genreartige Richtung. Die stylistische oder idealistische Richtung hat hier sehr wenige Stellvertreter. – 

Der Winter kam dieses Jahr spät, war aber zimlich strenge. Der Rhein führte lange Zeit grosse Eismassen, einigemale verschwand er stellenweise ganz unter der Eisdecke. Das Eis häufte sich an veschiedenen Orten hoch auf und verursachte dadurch grosse Ueberschwemmungen, besonders bei Bingen, Wesel, Kaiserswerth, an welchen Orten das Wasser bei manchen Häusern fast bis den zweiten Stock kam. Vorige Woche war auch hier tüchtig[...] [Wa]sser. Das Eis hatte sich bei Hamm haushoch aufgeschichtet; am [28ten] Febr. abends erfolgte der Durchbruch; allenthalben ertönten [bis] spät nachts Sturmgeläute und Nothschüsse; es war ein grossartiges Schauspiel, wie die gewaltige Wassermasse mit den ungeheuern Eisschollen rauschend vorbei kam. Das Wasser wuchs zusehends und am Morgen waren mehrere Strassen in der Stadt und am Rhein unter Wasser, so dass man wie in Venedig mit Kähnen darin herumfuhr. Unsere Strasse, eine der höchsten, und der Zugang zur Akademie blieben wie der grösste Theil der Stadt trocken. Das Wasser verschwand sehr schnell wieder. Jetzt haben wir schönes Frühlingswetter. 

Schliesslich viele, viele herzliche Grüsse an Sie, Mama, Geschwisterte, ferner an die Herrn Berchtold, Calpini, Rion, an die Familie von Kalbermatten, an unsere Verwandten in Goms et cetera , wann Sie schreiben, an Hr. Henzen, Tavernier, Dénériaz, Mutter et cetera et cetera

Von Ihrem dankschuldigsten Sohn Rafael. Düsseldorf, den 5. März 1855.