Emetteur: Raphael Ritz
Destinataire: Marguerite RitzLorenz Ritz
Lieu d'envoi: Düsseldorf
Date d'envoi: 25-12-1854
Raphael Ritz à ses parents à Sion. Vœux du Nouvel An - réalisation d'un carton dans la salle des antiquités et entrée dans le cours de peinture du professeur Hildebrandt. Ses nouveaux pensionnaires.
Düsseldorf, den 25. Dezember 1854.
Beste Eltern!
Ich habe Ihren lieben Brief mit vieler Freude erhalten und beantworte nun denselben beim Herannahen des Jahreswechsels, indem schon wieder ein Jahr dahin ist und ein Neues beginnt. Auf dasselbe bringe ich Ihnen, lieber Vater und der lieben Mama vereint meine herzlichsten Neujahrswünsche und den innigsten Dank für alles Gute, das Sie mir bis dahin erzeugten und besonders für dasjenige, das Sie mir im Laufe des verfliessenden Jahres erwiesen haben. Der Allerhöchste belohne Sie dafür tausendfach und erhalte Sie noch recht viele, viele Jahre in bester Gesundheit, Freude und Zufriedenheit, in unbetrübtem Glücke, Er verleihe Ihnen die Fülle seines Segens, seiner Gaben und Gnaden, für Erden und Himmel. Diess und alles, was Sie wünschen, wolle Ihnen der Allgütige geben! –
Ich habe Ihnen nun meinen Eintritt in die Malklasse und verschiedenes andere zu melden. – Nach meiner Ankunft in hier begann ich als erste Arbeit den Carton im Antikensaale zu zeichnen. Ich wählte dazu einen tanzenden Faun, der sehr schön, lehrreich und ganz Natur und Leben ist, in schöner Beleuchtung; der Carton bekam die Höhe von etwa 5 Fuss. In Zeit von kaum vier Wochen hatte ich ihn vollendet. Professor Sohn war damit recht zufrieden und zeigte mir an, dass ich nun gleich in die Malklasse tretenkönne. Somit hatte ich endlich die Antikenklasse überstanden und konnte Pinsel und Palette zur Hand nehmen. Ich trat in die Malklasse unter die Leitung des vortrefflichen Professors Hildebrandt. Zuerst machte ich zwei Kopien, die eine nach einem Gemälde von Frau Jerichan-Baumann (ein römisches Bettelmädchen vorstellend), die andere nach einem Flamänder (männliches Porträt); beide Originale waren herrlich gemalt und es that mir sehr wohl, sie zu kopieren. Auf diese Kopien liess mich der Professor nun nach dem Leben selbst malen und ich fing damit gleich an (27. November ). Das ist nun wieder ein grosses, neues Feld für mich; gebe der gütige Gott, dass ich auf demselben recht schnell vorwärts komme, wenn es sein Wille ist. –
Ich habe bereits einige Köpfe in der Klasse nach dem Leben gemalt und wie der Professor andeutete, soll ich darin Fortschritte machen. – Die Malklasse har jetzt mehrere schöne, gute Modelle, sowohl männliche als weibliche, Kinder, Alte und Junge. Professor Hildebrandt kommt täglich in die Klasse und korregirt gut (während hingegen Professor Sohn bloss 3mal wöchentlich erscheint). Die Ordnung ist jetzt gut hergestellt. – Ich hätte mit Warten wohl auch in die Malklasse des Professor Sohn (die mit derjenigen des Professor Hildebrandt auf gleicher Stufe steht) treten können, sie war aber schon vor den Ferien ganz voll (da sie nicht mehr als etwa 20 Schüler fassen kann) und ich hätte somit wieder warten müssen, bis sich in derselben Platz gefunden hätte. – Uebrigens hörteich von berühmten Malern wie Ittenbach, Müller und vielen andern Malern schon manchmal über die Klasse Professor Sohn’s klagen; seine Schüler würden meistens Manieristen; und es ist auch Thatsache, dass die Klasse Hildebrandt's weit mehr (ja die meisten) gute Maler geliefert hat. und so weiter – Die Stelle des Professor Schirmer ist sehr gut ersetzt worden durch den ausgezeichneten Landschaftmaler Hans Gude (aus Schweden). Dem Professor Schirmer sind bloss ein Paar Landschafter als Schüler gefolgt; seine neue Schule in Karlsruhe ist einstweilen bloss für Landschafter. Es ist auf jeden Fall am besten, dass ich wieder nach Düsseldorf ging, und besonders zur Ausbildung in Genre- und Porträt-Malerei. – Meine neuen Hausleute sind sehr gute, brave Leute; mit Logis und Kost bin ich zufrieden; beides ist einfach, aber reinlich, gesund und genug. Dabei habe ich’s 3 ½ Thaler monatlich wohlfeiler als bei Jovi (mit Einschluss von Heizung, Licht et cetera ). Ich bezahle jetzt nämlich für Kost, Logis, Licht et cetera / 12 Thaler per Monat, was in einer so theuren Zeit wie die jetzige sehr billig ist. Ich habe dabei auch noch den Vortheil, neben einem jungen sehr braven Künstler zu wohnen, was mir in mancher Hinsicht nützlich ist. – Der Winter war bisher milde, oft regnerisch, Schnee hatte es bloss einige Tage, er ist schon lange wieder fort und der Rhein ist noch ganz frei und wieder recht gross geworden (während er voriges Jahr um diese Zeit ganz ausserordentlich klein und ganz mit Eismassen bedeckt war). Dieser Winter ist bisher überhaupt auffallend vom Vorjährigen verschieden. –
Ich schliesse, indem ich mich bestens in die Fortdauer Ihrer Liebe und Güte empfehle, mit Wiederholung meiner Neujahrswünsche und viele 1000 Grüssen, an Sie, Mama, Wilhelm, et cetera /
Von Ihrem dankschuldigsten Sohn Rafael.
P.S. Von den Stanzerlandschaften habe ich einige mitgenommen, Ferogio’s aber nicht. – Meine Grüsse, Neujahrswünsche, Empfehlungen an die Verwandten, Freunde, Gönner, Berchtold, Rion, et cetera et cetera