Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Marguerite RitzLorenz Justin Ritz

Lieu d'envoi: Düsseldorf

Date d'envoi: 22-10-1854

Sources complémentaires

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Raphael Ritz à son père et sa mère à Sion. Rapport sur le voyage via Vevey, Moudon, Berne, Bâle de là, en omnibus ferroviaire jusqu'à Haltingen et de là, en train via Francfort jusqu'à Mayence ; voyage sur le Rhin ; pension à Düsseldorf à Lamertz ; peinture d'Overbeck pour la cathédrale de Cologne.

Düsseldorf, den 22. Oct. 1854.

Beste Eltern!

Glücklich bin ich wieder in Düsseldorf angelangt und zwar noch zu rechter Zeit. Ich habe Ihnen nun zuerst meinen Reisebericht, in chronologischer Folge, mitzutheilen.

Der 16te Oktober war der traurige Tag, an dem ich mich von Ihnen trennen musste. Um Mittag herum waren wir bereits in Saintt- Maurice und bald darauf rollte der Postwagen über die Wallisergränze herüber nach Waadt. In Vevay langten wir um 3 Uhr Nachmittags an, da wurden ein Paar Stunden Halt gemacht, während denen ich mich im Städtchen und am See ein wenig umsah, bis der Postwagen nach Moudon reisefertig war. Ich setzte mich wieder hinein und nun gings leicht bergauf, über Chexbres; die Aussichten über den Genfer-See et cetera waren sehr schön. Am Lac de Bret wurde es dunkel und so war es finstere Nacht, als ich in Moudon ankam. Da gab’s wieder 1 ½ Stunde Halt, bis die Post von Lausanne ankam. In derselben fuhr ich nun rasch über Payern, Avenches, Murten nach Bern, wo wir 5 ½ Uhr Morgens, 17ten Oktober ankamen. Da die preussische Ambassadur erst 10 Uhr geöffnet wurde, so musste ich den ganzen Tag in Bern bleiben und konnte mich somit in dieser schönen Stadt umsehen. Der preussische Ambassador, Herr Berlancourt, war mir freundlich und sprach mit mir einiges über Kunst; es wäre nicht nothwendig gewesen, den Pass-Port nochmal visiren zu lassen, da er für 2 Jahre gelte (somit auch das Visa). Ich besuchte auch Herr Volmar, der eben nicht zu Hause war; seine Frau aber führte mich ins Universitätsgebäude, wo ich den schönen Antikensaal sah. Ich besuchtenoch veschiedene andere Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie den Dom, Plate-Forme, Bundespallast et cetera , und besonders auch einige sehr schöne Aussichten auf die Berner-Alpen (es war ein zimlich heller Tag, bis gegen Abend) und so weiter Abends gegen 6 Uhr gieng eine Post nach Basel; ich setzte mich hinein und fuhr wieder die ganze Nacht durch, über Solothurn, Balstall, Waldenburg, Liestal, bis Basel, wo ich Morgens 5 ½ Uhr des 18ten October ankam. Somit war der vorige Tag eingeholt, und nichts versäumt; 6 Uhr fuhr ich schon im Eisenbahn-Omnibus fort, über die Schweizer-Grenze, bis Haltingen, wo Douane und Bahnhof stehen. Alsbald gings auf die Eisenbahn und nun im Schnellzuge pfeilschnell durch’s Grossherzogthum Baden, über Freiburg, Baden, Rastadt, Karlsruhe, nach Heidelberg, von wo uns ein anderer Bahnzug über Darmstadt nach Frankfurt a/M führte. Hier war nun einige Stunden Halt. Ich machte einen Spaziergang in die Stadt, längst dem Mayn, und an die prachtvolle Maynbrücke, von wo aus man eine sehr schöne Aussicht auf einen Theil der Stadt, auf den Odenwald, Mayn und ins obere Mainthal geniesst. Hätte ich nicht so sehr nach Düsseldorf pressirt, so hätte ich hier wie in Karlsruhe längere Halt gemacht, denn Frankfurt ist eine grosse Stadt mit sehr vielen Kunstschätzen. Mit angehender Nacht benutzte ich noch einen Bahnzug nach Mainz, wo ich auf 8 Uhr Abends (nach einstündiger Fahrt) ankam und wieder eine Nacht schlafen konnte, (und zwar zufälliger Weise bei einem Wirthe, der früher einmal in Sitten Metzgergesell war und nun ein artiges Wirthshaus nahe am Bahnhofe hält). – Am 19ten Oktober machte ich die Rheinfahrt.Der Rhein war wegen des langen trocknen Wetters ausserordentlich niedrig, so dass viele Dampfschiffe nicht mehr fahren konnten. Die Dampfschifffahrt von Mannheim bis Mainz musste für einstweilen sogar ganz aufhören. Am 19ten hatte er wieder ein wenig gewachsen. - Der Dampfer Hermann, mit dem ich reisste, verliess Mainz morgens 7 ½ Uhr, es ging sehr schnell Rheinabwärts, besonders von Koblenz an, wo der Rhein grösser wird. Der Wasserstand war so niedrig, dass an einigen Stellen sonst verborgene Klippen aus dem Wasser herausschauten. Jedoch wurden alle gefährlichen Stellen, wie die bei Bingen und in der Lorelei, ganz glücklich passirt. Der Tag war schön, obwohl etwas kühl und windig; daher konnte man die herrlich schönen, höchst romantischen Rheinufer oben vom Verdeck aus bewundern. Diese Gegenden sind so einzig und schön, dass man sie nie genug sehen und stets mit höchstem Interesse betrachten muss. Es zeigt sich eine unendliche Fülle von Abwechslung jeder Art, besonders zwischen Bingen und Koblenz und wieder bis Königswinter. Es war die Zeit der Weinlese (in Frankfurt wurde sie bei meiner Durchfahrt mit dreitägigem Freischiessen gefeiert). Die Quantität des Weins soll hier überall gering sein. – Von Bonn an wurden die Rheinufer sehr flach und monoton, die herrlichen Burgen und andere Reize des Mittelalters, die Weinberge, die bald lieblichen, bald waldigen, bald wilden und felsigen Höhen beiderseits, das war alles veschwunden. Köln selbst ist wieder ein interessanter Punkt, durch seinen Dom, seine alten Kirchen und andere alten Bauten, durch seine grösse und Lage am Rhein. Wir langten hier abends 6 Uhr an. Das Dampfschiff gieng nicht weiter undandere Schiffe wollten auch nicht mehr weiter, weil die Nacht einbrach und bei niedrigem Wasserstand Nachts nicht gefahren wird. Ich wollte aber noch bis Düsseldorf und that es auch, indem ich Abends 8 Uhr mit dem Schnellzuge von Deuz (gegenüber Köln) per Eisenbahn nach Düsseldorf abfuhr, wo ich vor 9 Uhr anlangte. So war die Reise gemacht und zwar meistens mit gutem Wetter. Bloss von Basel bis Karlsruhe so wie in der vorgehenden Nacht vom 17ten auf den 18ten gab’s Regenwetter. In Frankfurt war wieder der schönste Abend. – Vom Bahnhofe eilte ich gleich in meine neue Wohnung, die ich noch ganz leicht fand, und wurde da gut empfangen von meinen neuen Hausleuten und von Maler Roegels. – Meine ersten Geschäfte waren nun, mich wieder einzurichten und in die Akademie zu gehen und dort nach meinem Platze umzusehen, der noch von Niemanden besetzt war. Ich wurde von Allen gut aufgenommen und nun geht’s mit neuen Kräften wieder an die Arbeit. – Man fand, dass ich in den Ferien fetter, munterer geworden bin und das sie mir gut angeschlagen haben. – Die Akademie ist am 16ten geöffnet worden; gestern (am 21ten) war nun Lehrer-Conferenz. – Hier sind jetzt ein Bild von Overbeck, für den Kölner-Dom bestimmt, und ein Carton von Kaulbach mit vielen anderen Schönen zu sehen. Doch ich muss endigen und das Uebrige auf einen nächsten Briefe versparen. Ich schliesse also mit vielen 1000 herzlichen Grüssen und Empfehlungen an Sie, bester Vater, an Mama, an meinen abwesenden Geschwister, wenn Sie schreiben, sowie ferner an die Herrn Berchtold, Rion, Calpini, Henzen, Tavernier, Mutter, et cetera et cetera

Von Ihrem dankschuldigsten Sohne Rafael. Adresse : bei Herrn Lamertz, in der Ratingerstrasse, N. 174. A.

P.S. Von hier aus sind, wie ich höre, bloss zwei Landschafter mit Prof. Schirmer nach Karlsruhe gegangen.