Emetteur: Ferdinand Keller
Destinataire: Lorenz Justin Ritz
Lieu d'envoi: Zürich
Date d'envoi: 03-01-1853
Docteur Ferdinand Keller à Lorenz Justin Ritz. Envoie la description du bain de Saxon avec vue dessinée par le fils Ritz - Lettre de recommandation pour Raphaël à Düsseldorf - Séjour à Coire - Son conseil à Raphaël de devenir portraitiste.
Zürich, 3 Jan. 1853.
Geehrtester Herr
Ich überschicke Ihnen hiemit die Beschreibung des Bades von Saxon mit der von Ihrem Sohn verfertigte Ansicht desselben. Seit er mir die Zeichnung überschickte, habe ich nichts mehr von ihm vernommen, hoffe aber, dass er glücklich in Düsseldorf angekommen ist[1] und daselbst seine Studien begonnen hat. Er hatte mich ersucht, im ein paar Empfehlungsschreiben an Professoren der dortigen Kunstacademie zu verschaffen und ihm dieselben poste restante[2] nach Basel zu schicken, wo er sie auf seiner Durchreise in Empfang genommen hatte. Ich wandte mich an alle mir bekannten Künstler in Zürich, allein keiner war mit jenen Herrn so genau bekannt, dass er an sie schreiben wollte. An Handlungshäuser hatte ich schon bekommen, aber Briefe dieser Art waren von keinem Nutzen gewesen. Der hiesige Professor der Anatomie Ludwig[3] übergab mir dann ein solches Schreiben, aber erst an dem Tage, an welchem Raphael durch Basel reiste, mithin zu spaet. Herr Vogel versicherte mich, er habe bereits ein Empfehlungsschreiben verfertigt und dasselbe (ich weiss nicht mehr ob nach Stanz oder Luzern) geschickt. Ich hoffe dieses habe Dienste geleistet. Es hat mir sehr leid gethan, dass mein Freund Raphael mich nicht vor seiner Abreise nach Deutschland besuchen konnte. Es hätte mich auch sehr gefreut, ihn vorigen Sommer in Cur bei mir zu haben. Ich hatte dort für die Sommerszeit ein kleines Landhaus gemiethet und führte da mit meiner Haushälterin meine eigene Wirtschaft. Er haette in dortigen Domkirche viel Sehenswerthes besichtigen, auch ein paar schöne Altarblaetter skizziren können. Mein Gedanke war aber der, er sollte seine Gesundheit durch Bewegung recht kräftiger und mit mir einige interessante Thaeler Graubündens durchstreifen. Eine Beschreibung der Domkirche zu verfertigen, gab ich bald auf; denn die Sculpturbilder an den Capitaelen der Pfeiler sind zu roh und unförmlich.
Ich muss wieder auf die Zeichnung der Baeder von Saxon zurückkommen. Ich ersuchte, Herrn Raphael der Zeichnung auch eine Rechnung beizulegen. Aus übertriebener Bescheidenheit that er diess nicht. Nun hat mir der Quaestor der naturforschenden Gesellschaft dafür 25 fr. übergeben. Finden Sie, dass es zu wenig ist, so haben Sie die Güte es mir zu melden. Es wundert mich, ob Sie mit Sohn und Tochter sich wohl befinden, und ob es in Sitten nichts neues oder vielmehr altes gegeben, ob Ihnen keine Alterthümer irgend welcher Art zu Gesicht oder in die Haende gekommen sind, und ob Sie keine Kunstwerke zu erwerben Anlass fanden.
Ich hoffe Ihr Sohn Raphael hat mir nicht übel genommen, dass ich ihm den Rath gab, einen Kunstzweig zu ergreifen, der ihm nach vollendeter Studienzeit ein gutes Auskommen sichere. In dieser Ermahnung veranlassten mich mehrere Künstler, die ich kenne, zum Beispiel : ein gewisser Lehmann von Zürich abstammend, aber in Aargau geboren, der in Münschen studiert hat – ein Mann von ungewöhnlichen Talenten im Fache der Historienmalerei, der aber gar nicht regelmaessig beschaeftigt ist, waehrend ein anderer meiner Freunde Namens Zeller als Portraetmaler mit Bestellungen überhäuft ist und sich sehr viel erwirbt. Es war durchaus nicht meine Absicht, ihn in seinem Vorhaben zu entmuthigen sondern einzig die Besorgniss, er möchte das Praktische etwa aus dem Auge verlieren.
Wenn Sie ihm schreiben, haben Sie die Güte, mir ihn freundlichst zu grüssen und ihm aufs allerbestimmteste anzukündigen, dass er auf seiner Rückreise einige Zeit bei mir verweilen müsse.
Meine besten Empfehlungen an Sie alle! Ihr ergebenster Dr. Ferdinand Keller.
[1] Au-dessus de la ligne
[2] Au-dessus de la ligne
[3] Au-dessus de la ligne