Emetteur: Heinrich Kaiser
Destinataire: Lorenz Justin Ritz
Lieu d'envoi: Mörschwil
Date d'envoi: 27-06-1852
Heinrich Kaiser à son beau-frère Lorenz Justin Ritz à Sion. Sur le choix de la profession de Raphaël - Son malheur est dû à la bienveillance du chanoine Berchtold, qui l'encourage à des études inutiles - Peut-être fait-il mieux de devenir topographe - Travaux et séjour à Mörschwil - Peintures à Gossau.
Mörschwil den 27 Juni 1852
Theurster Herr Schwager!
Ihren werthen Brief vom 14ten Juny habe richtig erhalten und freuete mich aus selbem Ihr allseitiges Wohlbefinden zu vernehmen, was ich Ihnen auch von mir und laut Briefen von den lieben Meinigen berichten kann.
Ihre Mittheilungen betref des lieben Raphael sind mir wirklich ganz unerwartet und überraschend vorgekomen, ich finde ebenfalls den Schritt, so Raphael für seine Zukunft zu beginnen genöthiget ist, von solcher Wichtigkeit, dass ich mich wahrlich nicht getrauen würde, Ihnen in dieser Laage mit Rath beizustehen. Ich beschränke mich blos Ihnen meine Ansichten über die Talente so Raphael für die Malerei besitzt, laut meinem dafür Halten zu eröffnen, welches Sie aber durchaus nicht als Massgebend ansehen können, da der gute Raphael bei seinem Anfangs Cours im Zeichnen sehr zurück, dazu längere Zeit sehr unschlüssig und kränklich war. Wenn Raphael sich früher im Zeichnen und Malen geübt hätte und sich folglich den Geist dieser Kunst und die Liebe zu selber erworben, so bin ich überzeugt, es würde ein tüchtiger Maler aus ihm geworden sein. Ob er es jetzt noch zu einem solchen Grad bringen wird, ist freilich sehr zu bezweifeln. Sein grösstes Unglück – wie ich es ansehe – war das Wohlwollen des Herrn Domherrn Berchtold, dieser hat in schon längerer Zeit zu unnöthigen Studien aufgemuntert und neben bei von der Malerkunst abgewendet, oder wenigstens muthlos gemacht, mit dessen Grundsätzen bin ich nicht einverstanden, Raphael scheint auch wirklich grosse Freude an der Topographie zu haben und die sich erworbenen Kentnisse sind für selbe geeigneter als für die Malerkunst, welche zu seiner Unschlüssigkeit nicht wenig beitragen (werden| würden?) . Auch in Betref der Gesundheit möchte die Topographie für ihn zuträglicher sein als die Malerkunst. Obschon der lieben Raphael letztes Jahr zum Verwundern – in Betracht seiner schwachen Gesundheit – gute Fortschritte gemacht hat, so bleibt ihm noch ein weites weites Feld in der Malerkunst, was Sie aber so gut wissen wie ich. Hat er den Muth auf der kaum angetrettenen Laage fortzuwandern, so will ich ihm mit Freuden beistehen; es wäre eine Schuld, die ich gegen Sie gerne abtragen würde und bitte Sie dessentwegen mir nicht mehr von Dank zu reden. Grüssen Sie mir der gute Raphael, er soll sich bald entschliessen und dan fest bei der Wahl bleiben, sonsten wird’s nicht fehlen ein Stümper zu werden, auch wünsche, dass ihm das Baden recht wohl aufschlage.
In hier werde ich morgens mit den 4 Plafondsgemälden auch fertig, während meinem Aufenthalt dahier hatte ich viele Freuden, weil die Gegend wunderschön ist, doch plagte mich öfters die lange Weile nach meiner lieben Nanette und den Kindern, die ich Gottlob nächsten Freitag wieder zu sehen hoffe. Ich malte hier ungemein streng fast alle Tage 12 Stunden, einige Gemälde sind zimlich gut gelungen wenigstens effektvoll und man ist wohl zufrieden, so dass ich noch mehrere Gemälde für die Kirche zu Hause auszuführen habe. Es sind mir wieder in 4 Kirchen Plafondgemälde zu malen anerbothen, und namentlich in Gossau 4 Stund von St. Gallen; nur schrekt mich dorten die Zahl und Grösse der Gemälde ab; es hat deren 20 und das Hauptbild misst 40 Schuh Breite, dass Hauptbild in hier ist 34 Schuh hoch, 26 breit, in nicht ganz (...?) Wochen war es vollendet. Br. Louis war um Pfingsten bei mir und weilte hier 11 Tage, es gefiel ihm so gut, dass ihn nur die unstete Witterung zur Rückreise nöthigte. Von dem Speisesaal sehe gerade auf den Bodensee, worauf fortwährend die Dampfschiffe kreuzen – und die jenseitigen Ufer, Fridrichshafen, Langenargen, Lindau, Bregenz etc. Ich freue mich sehr auf die baldige Heimreise, das Entferntsein von meiner lieben Familie ist mir peinlich, dessentwegen werde ich trachten, falls ich die Arbeit in Gossau übernehme, dass meine Familie mitkömt.
Wen Sie der Schwester Katrinchen schreiben, so bitte Sie mir selbe recht vielmal zu grüssen mit dem Wunsche, dass ihr das Bad [...] wohl aufschlagen möge. [...]grüsse Sie, Ihre Fr. Liebste, Wilhelm, Lorette und Rap[hael] [...] [freun]dschaftlichst und verbleibe wie immer in alter Lie[be] [und F]reundschaft Ihr ergebenster und Bereitwilligster Schw. Heinrich Kaiser