Emetteur: Heinrich Kaiser

Destinataire: Lorenz Justin Ritz

Lieu d'envoi: Stans

Date d'envoi: 19-10-1851

Sources complémentaires

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Heinrich Kaiser à son beau-frère Lorenz Justin Ritz à Sion. Rapport sur Raphaël, son manque de préparation, sa maladie et son zèle croissant pour le dessin - Condition de Laurette au couvent de Stans - Nouvelles de la famille - Début de son retable "La Résurrection" - Le voyage de noces de Joseph Zelger.

Theurster Herr Schwager!

Mein langes Stillschweigen auf Ihre werthen 2 Briefe muss Ihnen auffallend vorkommen, eine der Hauptursachen aber war, weil ich längere Zeit nicht recht wusste, was ich Ihnen über den guten Raphael melden sollte; denn wie Sie bereits vernohmen haben werden, so war ich mit ihm in der ersten Zeit zimlich in Verlegenheit.

Da der liebe Raphael sich im Zeichnen zimlich vernachlässiget hat und sich vermuthlich einem andern Stande widmen wollte, indem er sich Wissenschaften (...?) , so für die (Malerey|Maleray?) keine Bewandtnisse haben; fiel ihm im Anfange seines Hierseins das Zeichnen eusserst schwer, er war unschlüssig, ob er Figuren- oder Landschaftmaler werden sollte, doch zeigte er stets mehr Hang zum letztern. Im ganzen schien mir wenig Eifer und Liebe zur Malerey vorhanden. Es befiel in freilich in dieser Zeit eine Unbässlichkeit, welche über (...?) Wochen dauerte, während dieser Zeit liess ich ihn zeichnen,was er gerne wollte, und auf diese Art giengen bei 2 Monaten vorbei, ohne dass wir einen ununterbrochenen Cours beginnen konnten. Als nun der liebe Raphael wieder gänzlich genesen war, so musste er mir Cartons, auch Gemälde zeichnen, welches ihm fast unmöglich vorkam, ich half ihm aber, bis es gieng; und auf diese Art hat er nun sehr schöne Fortschritte im Zeichnen gemacht. Mit dem Vorwärtsschreiten im Zeichnen ist dem Raphael auch die Thätigkeit und Liebe zu dieser Kunst gekommen, so zwar dass das höchst schädliche unschlüssige Wesen, beseitiget zu sein scheint. Ich bin nun mit dem guten Raphael sehr wohl zufrieden. Er ist fleissig, nimt alles mit gutem Willen an; und hoffe dessentwegen, er werde noch ein guter Maler abgeben. Ich kann es zwar Ihnen nicht[1] (verhehlen?) , dass ich es sehr schade, ja bedauernd finde, wie Raphael so viele Jahre, die er mit so grossem Nuzen für die Malerkunst hätte verwenden sollen, sich solchen Fächern gewidmet hat, die ihm jetzt noch für die Zukunft, als Maler, wenig oder nichts nützen. – Raphael befindet sich wohl und lässt Sie vielmal grüssen, er wünschte sehr von Ihnen bald einige Zeilen zu erhalten, um auch zu vernehmen, wie der liebe Wilhelm seine Rückreise zurück gelegt habe. Die fromme Lorette war wieder einmal unbässlich, was von dem lateinischen auswendig Lernen herkommen soll, gehe aber wieder besser. Sie soll sich übrigens zimlich glücklich hier im Kloster befinden, besonders seit dem sie eine andere – vermuthlich etwas vernünftigere – Lehrerin habe. Diesen Herbst hatten wir hier sehr regnerisches Wetter, nur selten 1 oder 2 Tage Sonnenschein, wenn solches Wetter auch bei Ihnen war, wird der diessjährige Wein kaum von bester Qualitait werden. –

Bruder Louis lässt Sie vielmal grüssen, er ist wirklich recht wohl, geht oft auf die Jagt und komt viel zu mir. Auch Franz grüsst Sie, der immer schöne Gruppen von Eron verfertiget; er hat bedeutend in seiner Kunst gewonnen; die Gruppe Jäger, welche er auf der diessjährigen Genfer Kunstausstellung hatte, ist von der Stadt Genf angekauft worden. Meine Familie befindet sich ebenfalls wohl und ich bin sehr beschäftigt, da ich Bestellungen in Menge habe, die zum Theil pressant sind. Diese Woche werde an einem Hochaltar Gemälde anfangen, wozu die Sgizze bereits fertig habe.Die Auferstehung Christs – ein schöner Gegenstand.

Herr Joseph Zelger ist mit seiner Sposa so sehr jung und hübsch, ist von seiner Hochzeitsreise zurück und hat uns letzte Tage Besuch abgestattet; seine Reise über Mayland, Venedig und Tirol hat ihm wohlgefallen, obschon er viel schlechtes Wetter hatte. Herr Joseph Zelger ist nun in Luzern gänzlich nieder gelassen, was ich sehr bedaure.

Die Ubrigen Neuigkeiten von hier werden Sie von Zeit zu Zeit schon vom Raphael vernohmen haben; und somit schliesse für diessmal mit den herzlichsten Grüssen an Sie, Ihre Frau Gemahlin und dem lieben Wilhelm von uns allen. Ich verbleibe wie imer,

Ihr ergebener und bereitwilliger Schwager Heinrich Kaiser. Stans den 19 Octobre 1851.

[1] Au-dessus de la ligne