Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Lorenz Justin Ritz

Lieu d'envoi: Stans

Date d'envoi: 10-08-1851

Sources complémentaires

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Raphael Ritz à son père Lorenz Justin Ritz à Sitten. Goût pour la peinture de paysage mais l'oncle Heinrich le déconseille - Le peintre d'histoire a un champ immense - La santé de Lorette. - Actualités politiques - Théâtre "La Pucelle d'Orléans" - Inondations - Gregor Karlen est au monastère de Frauental et se rend à St-Gall.

Stans am 10. August 1851.

Theurer Vater!

Ihr Schreiben vom 29sten Juli hat mir viel Vergnügen gemacht, wie überhaupt alle Ihre Briefe und jede Zeile von Ihnen und aus dem lieben Vaterlande mich innig freuen. Desswegen will ich immer fleissig antworten, um recht oft Briefe von Ihnen zu erhalten. Diessmal habe ich über manches mehr oder minder Interessante zu schreiben und beginne mit dem Wichtigsten, die Kunst betreffend. –

Dem Wunsche Ihres letzten Briefes entsprechend, hielt ich nun mit Onkel Heinrich Kunstrath. Ich erklärte ihm meine grosse Neigung und Vorliebe zur Landschaft, mit allen Gründen dafür, wie ich sie in meinem letzten Briefe an Sie erwähnte. Onkel Heinrich aber wollte mir das Ding nicht recht rathen. Er sagte zwar, ich wäre im Landschaftlichen weit stärker als im Figürlichen und würde es also damit weiter bringen; er war auch, wie Sie, der Meinung, man gelange am ersten zum Ziele, wenn man der angeborenen Neigung folget, dem Sprichworte gemäss : „Lust und Liebe zu einem Ding macht alle Müh und Arbeit ring". Und dennoch wollte er die Landschaftsmalerei mir nicht rathen, nämlich wegen der schlechten Aussicht auf Verdienst bezüglich dieses Faches. Im Wallis gelte dasselbe gar nichts, indem man dergleichen wohl gerne sieht und besitzt, aber nur wenig oder lieber nichts dafür bezahlt. Im Auslande gebe es schon gar viele Landschaftsmaler, in den Grenz- kantonen namentlich die grossen Herren Calame und Diday. (Doch hätte ich manchen herrlichen Stoff zur Darstellung zu meinem Vortheile). Uebrigens sei der Landschaftsmaler nur auf die Landschaft beschränkt. Wollte ich mich derselben widmen, so könnte ich nicht lange hier bleiben, weil er sich nicht speziell auf dieses Fach verlege – obwohl seine Kenntnisse hierin nicht gering sind, denn seine Genrebilder enthalten schöne Landschaften –

und Herr Zelger auf den Herbst nach Luzern zieht, wo er sich mit Fräulein Schuhmacher vermält. – Er wünschte mich eher der Historienmalerei zu widmen. Und dieses Fach gefällt mir auch sehr wohl, da ich Freude zur Malerei überhaupt habe; – wäre ich nur im Figurenzeichnen nicht soweit zurück bei meinem Alter. Hier sei die Aussicht auf Verdienst bei weitem grösser, sowohl im Wallis als auch im Auslande. Der Historienmaler habe ein ungeheures Feld; ihm stehen zu Gebote : Kirchenmalerei, Historische Gemälde, Genrebilder, Porträte, Stillleben, Thierstücke, kurz alles, was sich auf die Figuren bezieht,[1] und secundär auch die Landschaft und so weiter Der Verdienst also gewiss besser, das Fach höher, aber auch um so schwerer : Geben Sie mir nun auch Ihre Meinung und Ihren väterlichen Rath. –

Ich zeichne nun wacker drauf los, den ganzen Tag durch, und hoffe, es werde schon bald vorwärts gehen, besonders jetzt, da ich vollkommen hergestellt bin. Abends nach dem Tagewerk und an den Sonntagen sorge ich auch für den Körper durch Bewegung in kleinen Spaziergängen, deren hier genug in der Nähe sind. –

Lorete war einige Tage etwas unpässlich; sie ist aber wieder hergestellt durch den Hr. Dr Zelger. Dieser erklärte ihre Gesundheit überhaupt kräftiger, als es die (ehrn.|ehre?) Mutter ihm angab. Nur etwas Nervenschwäche giebt er ihr zu – eine nothwendige Folge der strengen Lebensart, die sie bisher in Sitten und hier führte. Sie hat nun nach ihrer Aussage ordentlich Appetit und Nachts auch Schlaf. Sie ist den hiesigen Nonnen nur zu fromm und scheint ihnen nicht lustig genug. Denn diese sollen ein gar bäurisches, lärmendes und krächzendes, will ich sagen, singendes Leben führen. Lorete wünschte von Ihnen genau den Tag ihrer Geburt, also ihr Alter, zu erfahren, und ob jener mit dem Namenstag zusammen falle. –

Für Bruder Wilhelm vernahm ich bereits, dass Lerch (Vergolder) in schlechten Umständen sei. Man deutete auf einen Gersauer, der Stukka turen, künstl. Marmor et cetera fertige. Ich werde noch mehr nachfragen. Ist er ganz gesund und was macht er? – Neues in politischer Hinsicht weiss ich wenig, da ich mich darum gar nicht bekümmere. Man arbeitet wohl an einer Revision, um die Regierung zu stürzen, und zwar von rother Seite aus, da man mit jener gar nicht zufrieden ist. Namentlich hat das thörichte Verbot, an Sonn- und Feiertagen mit Fahnen von einer Gemeinde in die andere zu ziehen, die Gemüther sehr aufgeregt. Die (Schützenkilben|Schützenkilber?) , auf deren Untergang jenes gezielt war, wurden dennoch sehr zahlreich besucht und alles gieng dabei in Harmonie vorüber. Die Fahnen wurden am Vortage des Festes hin- und am Nachtage erst zurückgetragen, also an Werktagen et cetera Heut war hierüber eine schreckliche Predigt. –

Das böse Wetter hat vielen Schaden angerichtet durch Ueberschwemmungen, bei Buochs durch die Aa, bei Sarnen, Alpnachetc. Stansstad ist noch eine Insel; die Communication von einem Hause zum Andern und in die Kirche geht über Stäge und in Kähnen. Ich bin sehr besorgt, wie’s im Wallis gegangen ist; man hört hier gar nichts. Was macht der Wein etc.

Am 31 Aug. ist hier Theater : die Jungfrau von Orleans von Schiller. Niederberger Va[...] die Szenen etc malen; sein Werk wurde aber bald als eine abscheuliche Pfu[...] erklärt und er verabschiedet. Onkel Heinrich musste die Arbeit übernehmen,[...] über und über mit Arbeiten, auch für Deschwanden, beladen ist. – Am 15. Sept. [...] in Beckenried die alterthumsforschende Gesellschaft der Schweiz zusammen. – Gregor Karlen ist wirklich im Kloster Frauenthal (Zug), von da nach St. Gallen. Heute traf ich hier unsern Anton Unternäher, er wohnt in Hägedorf(Solothurn) und lässt Sie grüssen und wünscht Sie zu sehen. –

Wenn’s immer möglich ist, so machen Sie uns die Freude, von Freiburg aus uns zu besuchen; Lorete und ich wären dann gar glücklich. – Es scheint Blanchoud wolle warten bis der Sommer fort und alles verkauft ist. Wenn eine Zeichnung vom Winzerfeste in Vivis erscheint, so möchten Sie mir eine gelegentlich verschaffen; O. Heinrich hat darüber einen Wunsch geäussert. – Da ich an Sonntagen dann und wann auch Styl übungen machen möchte, so wäre froh, wenn Sie zugleich das unter meinen Schulheften (im Schreibpult, unterster Schubladen, oder dann im Farbenschrank, Wilhelm findet’s schon) sich befindende kleine Heftchen beifügten, das Tagbüchlein der Alpreise von Möril nach Devera mit Hr. Bortis[2] etc. durch Binn, das ich damals nur flüchtig, bloss in Umrissen und als Brouillon hinsudelte und nun einmal ausführen möchte, bevor die Eindrücke altern. Dergleichen Stylübungen sind überhaupt die nützlichsten, persNamentlich für Maler. Das dabei liegende Heftchen „Voyage dans les Alpes pennines" etc. gehört dazu. – Ich muss enden und grüsse Sie und Mama und Wilhelm, wie alle Bekannte, Freunde und Gönner, recht herzlich.

Ihr Sohn Rafaël Ritz

Viele Grüsse von Lorete, den Hr. Hr. Onkeln, Tanten etc. OnkelHeinrich konnte aus gänglichem Mangel an Zeit noch nicht schreiben. Ihren verlangten Reisebericht über Goms, Grimsel etc. sende Ihnen mit einem andern Briefe. – Die Aa ist heut bei Buochs (im Landgute des Landammen Würsch) wieder ausgebrochen. –

[1] Au-dessus de la ligne

[2] Au-dessus de la ligne