Emetteur: Raphael Ritz
Destinataire: Lorenz Justin Ritz
Lieu d'envoi: Düsseldorf
Date d'envoi: 10-12-1865
Düsseldorf 10. Dezember 1865.
Bester Vater!
Nachdem ich Ihnen in meinem ersten Briefe von hier aus bereits über meine Reise und Ankunft in hier Bericht zugesendet, habe ich nun diessmal gleichsam eine Fortsetzung desselben zu schreiben, indem ich da anfange, wo ich letztesmal aufgehört.
Wie gemeldet, habe ich also wieder die- selbe Wohnung und Atelier, wie früher, in einem ruhigen Hause, in freier, gesunder und ruhiger Lage und bei braven Hausleuten. Die Strasse gehört zur Vorstadt Pempelfort und liegt am grossen Hofgarten, auf den ich heruntersehe; in der Ferne zeigt sich auch ein bewaldeter Hügelzug, hier Berge (!) genannt, etwa 200 Fuss hoch, was einem Walliser fast mikroskopisch vorkommt, aber doch wenigstens angenehmer ist als die lang- weiligen Ebenen auf den übrigen Seiten Düsseldorfs. –
Meine hier zurückgelassenen Sachen fanden sich zimlich wohlerhalten in einem Schranke verschlossen vor. Die Costüme hatten hie und da von den Motten Besuche erhalten, aber weniger als ich erwartet hatte. Das Atelier wurde also mit Studien, Skizzen und so weiter austapezirt, alles ein- gerichtet, und dann gings wieder an die Arbeit. Zuerst natürlich Entwürfe, Cartons, Skizzen, und Untermalungen.
Die erste Untermalung ist ein kleines Architekturbild, aus der , mit einigen Figuren. Darauf begann ich eine Szene auf einem Berge: einige Topographen, Ingenieurs et cetera , die Messungen und topographische Zeichnungen et cetera aufnehmen wollen und nichts als dichten Nebel vorfinden, aus dem nur einpaar Gipfel verstohlen herausblicken; auf der Seite ist zwischen Felsblöcken die improvisirte Hütte, wie sich’s Gelehrte et cetera behufsNachtlager und Beobachtungen einrichten; es muss recht kalt und wild aussehen; und die Leute wärmen sich in Decken eingewickelt und an einem Feuer, an dem Frühstück gemacht wird, und so weiter –
Longeborgne und andere Motive, die ich aus Sitten mitbrachte, werden ebenfalls nach und nach an die Reihe kommen; und ich denke mit Gottes Hülfe diesen Winter recht fleissig zu sein und tüchtig zu arbeiten. Was dabei wichtig ist, ich kann hier ruhig und ungestört arbeiten. Es ist darin ein schroffer Gegensatz zwischen hier und Sitten, zwischen dem dortigen Faulenzer- wesen und der hiesigen Thätigkeit und Arbeitsamkeit. In Sion haben sie mich wirklich auf eine unverschämte Weise gestört und versäumt; und ich werde bei meiner Rückkehr dahin Massregeln treffen müssen, energische, um mir die dortigen Tagediebe ein bischen fern zu halten und nicht wieder in jenes Faulenzerwesen hineinzugerathen. Ich habe dasselbe übersatt und strebe nun nach Thätigkeit und Fleiss, was besonders heutzu- tage nothwendig ist, um sich zu halten, und wobei man sich auch am wohlsten fühlt. –
Hier hat sich während meiner 2jährigen Abwesenheit sehr viel geändert; mehrere neue Strassen und viele Hunderte von Häusern sind gebaut worden. Viele neue Künstler sind gekommen, Schüler und Selbständige, namentlich aus Karlsruhe und so weiter Auch die beiden Büttler sind hier, ein Sohn von Calame (jetzt Schüler bei Achenbach, dem berühmten Landschaftsmaler) und so weiter
An Köbel hatte ich geschrieben und in Kurzem; bei Gelegenheit des Jahres- schlusses, schreibe ich Ihnen wieder. Zum Weihnachtsfeste wünsche Ihnen allen recht viel Glück und Freude! Tausend Grüsse an Sie, an Mama, Wilhelm,
von Ihrem SohnRafael. Viele Grüsse an Köbel, Kalbermatten, Professor Calpini, nach Niederwald, Muottathal, an (Walter| Waltes?) , BerliBerle, et cetera Ferners Grüsse an Philipp Torrente, , Gerber Hauser, Tavernier und, wer sonst nachfragt und grüssen liess.