Emetteur: Lorenz Justin Ritz
Destinataire: Raphael Ritz
Lieu d'envoi: Sitten
Date d'envoi: 06-11-1865
Sitten den 6. November 1865.
Lieber Rafael!
Nun ist das Eis gebrochen, jezt konnen wier wieder mit ein ander reden, wo nicht mundlich, doch schriftlich; und das macht mir leicht. Und in der That, wier konnten in dem aus (nachs| nahs?) Nacht nach sonder- baren Sitten nicht Zeit gewinnen gehörrig beisammen zu sein. Bald war ich der Schule, bald du en Campagne, bald waren wier beide auf (seinm| seinen?) Atellier; dess Nachmittags sahen wier auch nicht oft im Cafe Hause; du wurdest (nir| mir?) nie durch (Häuchler| Hauchler?) Heuchler entrissen; ich weiss nicht wie. Zu Hause dem eigentlicher Geschäfftsorte hattest du auch keine Ruhe; bald ein Faulenzer, bald (no andere| ein anderer?) er anderer ja zum Tage 2–3 mal und manchmal 3 bis vier solcher (Ausspäher| Ausspächer?) Austzächer und Ruhestörer, mit (einm| einem?) mal und öfters im Tage und so weiter , lagen dir wie ein Alph-Toggeli auf dem Hals und Brust; von andern (Blagerien| Blagereien?) , dummen Aufgaben und frechen Zumuthungen nichts zu sagen; es war zum toll werden. Und so wie ich wieder ungerne habe gehn lassen, eben so sehr musste mich auf dein Abreisen halten und beschleunigen, um endlich dir und mir Luft zu machen.
Nun, du erlöset von den Schmeichlern, aus ihrer falschen Freundschaft (-Schlingen| -schteigen?) -Schweigen (entwunden| entwinden?) entwiedre , fragt niemanden mehr nach dir. Nur der junge Köbel ist ein Freund wie vor, und wünscht ein Schreiben von dir, auf welches du ihn nicht lange wirst warten lassen, wan du ihme noch nicht geschrieben hast.
Unter allen diesen sonst nichts Neues und auch sonst nichts in der Stadt.
Seit deiner Abreise von hier ist heute der einzig schöne Tag, wessentwegen ich auch aufgelegt zu schreiben bin. Somit muss ich dir nun melden, dass ich deim ersten Brief mit (frohem| sterhem?) serhem sorhem storhem strohem Herzen empfangen und (darein| darinn?) alles vernohmen habe, was mir Freude machte und was in so kurzer Zeit geschehen konnte. Die Wittrung war noch gut, die Reise erwünscht und endlich die Ankunft in deiner zweiten Heimath glücklich. Du bist nun wieder in einem bekannten Hause eingebürgert, die Schulden, die alten, sind also glücklich getilget und so geht es nun auf eine neue Campagne loss, welche, so Gott, (weit| wird?) besser ausschlagen wird, als die so eben verlassene; nur Gesundheit und Gotteshülfe, mit dieser wird es dir endlich auf einen grünen Zweig zu komen, wo du nicht mehr Schulden machen musste, wo dich gehörrig nähren und anständig kleiden kannst, für etwaige Kunstreisen sei es auch hier oder anderstwo etwas auf die Seite legen oder gar etwas auf späthre Zeiten et cetera et cetera aufspahren kannst.
Ein paar Tag späther nach deiner Abreise langte ein Einladungs Brief vom schweizerschen Kunstverein in Bern hier an, folgenden Inhalts:
Persöhnliche Einladung.
„Die Verzeichneten laden Sie ein, sich am 28. October in Bern im Hôtel Boulevard einzufinden, um sich daselbst über Gründung einer schweizerschen Künstler Gesellschaft zuvereinigen.
Grund dieser Gesellschaft wäre, freundschaftliche Beziehungen unter ihren Mitglieder zu (erstellen| erhalten?) , auf unser Vaterland bezügliche Kunstfragen zu besprechen und indirekt auf deren Lösung ein zu wirken.
E. Duval
A Van Muiden
A Bocion
A Bachelin
R Koller
Franz Buchser, der Schreiber dess Briefs.”
Ich verdankte die Einladung mit der Ankündigung deiner Abreise und daherigen Unmöglichkeit dess Erscheinens für diess mal.
Auch Herr Heinrich schreibt uns seither. Hier der Auszug für dich:
„ Herr Rafael wird sich nun wieder wahrscheinlich in Düsseldorf befinden; ich wünsche ihme von Herzen, dass er sich recht wohl in dorten gefalle und der Aufenthalt ihm in jeder Beziehung recht wohl thue. Auch Emil ist seit ein par Tagen wieder in Karlsrhue, wenn aber die Zahl der Schüler in dorten nicht grösser wird, werden wier wohl darauf denken müssen ihn bald einmal nach Düsseldorf wandern zu lassen, was ich sehr bedauerenwürde, in deme biss dahin die Schule in Karlsruhe sehr gut war. und so fort “
Er hat uns auch seine Photographien mit jener seiner drei Töchterchen übersandt. Mit dem Portrait der Frau scheint es auch gegangen zu (seinn| seien?) , weit dene von unser Mama. Sie wollte es nicht übersenden.
Die Marie Ritz von Niederwald hat seither auch geschrieben, bedauerte deine wieder Abreise und habe lange Zeit nach dir. –
Endlich auch von uns ein Wort zu sagen, so sind Mama und Wilhelm, welche dich aufs herzlichste grüssen lassen, ordentlich gesund. Letztere führt ein wahres Ermiten- Leben, weil immer allein; ich aber bin ungefähr noch so wie bei deiner Abreise, weiss nicht, wo aus es mit mir will. Wo Gott will! –
Nun für ein mal will ich nun schliessen, habe hier nur noch (eingne| einigen?) eingee einige eher weniger Grüssen nachzu- setzen als Herr Professor Calpini, Lion Roten, jung Philipp de Torentte, Herr Hauser, dess Herr Kalbermatters und Andemattens samt Herr Walthr, der dich nicht viel versäumt hat, weil (selbst| seibst?) häusslich und arbeitsam.
Und jezt noch deine zwei deutschen Kameraden Wehniger und Berli, samt dem Lithographen (Erni| Eric?) , und jezt noch dein alter Vater Lorenz Justin Ritz