Emetteur: Lorenz Justin Ritz

Destinataire: Raphael Ritz

Lieu d'envoi: Sitten

Date d'envoi: 04-01-1861

Sources complémentaires

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Sitten den 4 Januar 1861.

Lieber Rafael!

Deinen werthen Brief unterm 26. Décembre 1860 habe mit Vergnügen erhalten und mit Freuden gelesen in deme Selber so warme und wahrhaft kindliche Wünsche auf die Feÿer dess Neuejahrs enthielte.

Deine Briefe sind mir immer theuer manchmal nur zu kurz, - allein Neujahrsbrief mit seinen Wünschen, ist immer noch um einen Grad kräftiger, und erwünschter.

Daher will ich auch nicht lange zuwarten sondern dir deine Wünsche von ganzem Herzen erwiedern.

Lieber Rafael, was soll ich sagen, was ich dir alles wünsche; mein Herz ist voll, ich möchte dich glüchlich wissen für immer.

Vor allem wünsche ich dir gute Gesundheit, hast du diese so ist viel gewonnen, daher wünsche dir auch Klugheit um diese schönste aller Gaben, zu pflegen, zu bewahren. Und da dir der liebe Gott so ein schönes Talent zur Kunst gegeben hat, in welcher du dich schon zu verschiedenen malen bemerkbar gemacht hast, so wünsche dieses Glück möge dich nicht verlassen, sondern dass du in der schönen Kunst immer vorangehn möchtest, um endlich dahin zu kommen, dass du dich aus deiner Dürftigkeit heraus winden mögest; den es ist nichts mühesameres zu sehn, als Pfuscher und Maulhelden ihre Fortune machen, wo dagegen so mancher wackere Künstler halben wegs verdarben muss. Es ist möglich dass dir den eine gute H...rath zu Hülfe kömmt, den hierauf hast du dir schon Anspruch gemacht, welches Glück dein älterer Bruder nicht theilen kann. Er, der sein Brod nicht verdienen kann. Ich wünsche dir, Gottes Hülf und Segen, Weisheit und Thätigkeit, damit du hierin uns andere vielen Wallisern nicht gleich kommst, die da wohl und gut leben wollen ohne zu arbeiten, ohne etwas Ernsthaft zu lehrnen und den Herrn spielen wollen ohne Vermögen, ohne Verdienst und ohne beharrliches studieren und arbeiten; ich wünsche dir daher auch hierin einen ächten schaffenden Schweizer Sein, wie zum Beispiel dem Onkel Heinrich Paul Deschwanden, und viele von Zürich Wintherthur und so fort Überhaupt ein thätiges schweizerleben, und kein Walliser Schlendrian, wo ein grossertheil junger Leuthe nur, wie eine schmarotzer Pflanze am arme Volke zehren und magen. Nein, ich wünsche dir zu deinem Fortkommen eine ehrenhafte Stellung aus eigenem Verdienst, vermöge klingen handlens stätem arbeiten, und die Hülfe und Gnade Gottes; nach diesem mühesamen Leben aber den auch eine ruhige selige Ewigkeit.

Ich weiss, lieber Rafael, du verstehst mich auch dieses mal, wie du mich bis dahin verstanden hast, wessentwegen ich auch gerne nicht unbedeutende Opfer gebracht habe; es war gut angewendet.

Neues wenig. Ich bin nun nicht mehr Rathsherr hiesiger Stadt, die Bürger haben gefunden ich sei jezt lange genug im Rath gewesen, ich(gestr.) und ich selbsten kann nicht das Gegentheil sagen.

Seit Neujahr erscheint hier nun wieder ein liberales Blatt mit dem Titel Le Confedere du Valais. Die hiesigen Aristokraten und Franzosenparthei sind freilich damit nicht zufrieden, den diese mögen, wie die Despoten alle keine Oposition leiden. –

Der Winter ist nur zu milde, erst seit Weÿnachten etwas Schnee.

Die Gomserstrasse ist neu gemacht von Fiesch bis Niederwald und von Selkingen bis Oberwald, das noch übergublane Stück von Niederwald bis Selkingen wird nächsten Frühling noch erstellt werden. Diese Strasse soll den weiter über die Furka oder die Grimsel geführt werden.

Herr Gerlach wird dir auch bald schreiben und Wilhelm wünschte zu wissen ob du den Distalikalender mit dir nach Düsseldorf genohmen habest oder nicht.

Jezt schliesse mit nochmaligen wiederholung meiner Wünsche, und mit den herzlichsten Grüssen von mir, Mama, Wilhelm, von Goms, und auch von manchem andere guten Freund und Verwandten.

a Dieu. Lebe wohl, dein alter Vater Lorenz Justin Ritz