Emetteur: Raphael Ritz

Destinataire: Lorenz Justin RitzMarguerite Ritz-de Torrenté

Lieu d'envoi: Düsseldorf

Date d'envoi: 13-11-1858

Sources complémentaires

Lien vers l'inventaire en ligne

Raphael Ritz à ses parents. Rapport sur le voyage et visite du musée de Lausanne - Le panorama plus difficile à vendre - Visite à Gottlieb Studer à Berne - A Zurich avec H. Keller - Les peintres Stadler et Vogel - Perspectives à Zurich, où l'érudition fleurit - Keller souhaite le texte des sagas valaisannes - Voyage à Düsseldorf.

Düsseldorf den 13 November 1858.

Beste theurste Eltern!

Glücklich hier angelangt und mit Wohnung und Atelier bereits wieder versehen, mache ich mich daran, Euch meinen Reisebericht oder vielmehr die Fortsetzung desselben zu senden. Denn Ihr habt ja von Bern her schon Nachricht von mir erhalten. Doch komme ich nochmal auf Lausanne zurück. Bei Nacht hatte ich Wallis verlassen, den Allerseelentag brachte ich bis abends zur Postabfahrt in Lausanne zu; es war ein trüber, kalter Tag. Mit Professor Morlot ging ich zuerst ins Musée Arland, sah dort ein schönes Genrebild von Girardet, eine prächtige Landschaft von Diday und eine andere ebenfalls prächtige von Calame, – ferner die zwei Bilder von Gleyre: Mayor Duval1 und Divicon, der die Römer unters Joch durchtreibt. Die Römer kommen aus der Mitte des Bildes heraus und sind vortrefflich; links ist Divico hoh zu Rosse, mit andern Helvetiern, rechts im Mittel- grunde der mit Ochsen bespannte Wagen gefüllt mit Druiden, Jungfrauen, Knaben; im Vordergrunde Kinder, im Hintergrunde Helvetier, Trophäen, ein grosser Baum und weiter noch der Genfer- See. Stimmung, Wirkung, Farbe im Ganzen vortrefflich, besonders aber die Römer, aber die Composition ist doch etwas überladen. Die Helvetier sind zu weisse, zu feine, zu glatte Stadt-Gestalten und namentlich Divico, der doch der Hauptheld ist, ist vernachlässigt, indem zum Beispiel sein Gesicht fast ganz unsichtbar, das heisst durch einenArm und Costum et cetera verdeckt ist. Mit grosser Sachkenntniss sind auch die Costume behandelt. – Uebrigens ist die Sammlung schlecht aufgestellt, gute und sehr schlechte Bilder, jeder Art alles durch- einander. Morlot führte mich ins Hotel Gibbon, zum Bazar Vaudois et cetera , um das Panorama zu zeigen, zu empfehlen, zur Sousscription einzuladen; ersteres unterschrieb allein. Es ist eben kein Punkt am Lac Leman. Sie könnten kaum das Panorama vom Moléson verkaufen: „Les Panoramas c’est une mauvaise speculation.“ et cetera sagte man im Bazar. Auch scheints überhaupt an Sinn und Geld für Solches zu fehlen; Morlot selbst und andere würden sich dann noch unterzeichnen, lieber aber wäre mir’s gewesen, sie hätten es gleich gethan. #) b-# Wann ich zurückkäme, könnte ich dann das Panorama vom Rigi Vaudois machen (über Montreux). Morlot wolle sich bemühen, dass ich dafür gleich baar bezahlt würde.-b Doch weiter mit der Reise; auf das Panorama später zurück. Von Lausanne also fuhr ich mit der Abendpost ab, die ganze kalte Nacht durch – gut war es ich ich ! recht warm eingewikelt war. Mit Sonnenaufgang war ich in Bern, ein schöner Morgen war es , aber bald kam Schnee- gewölk und damit auch bald Schnee. Gottlieb Studer freute sich das Panorama zu sehen; er zeigte mir einen Haufen von den Seinigen, zum Beispiel vom Simelihorn überm Simpelspital, das recht hübsch und umfangreich ist. Ich besuchte auch die Gemäldesammlung in Bern, die schönen Bilder von Girardet, Meuron, Calame, Diday, unter anderen hat, aber auch schlecht ausgestellt ist. Auch die gewaltige Gitterbrücke sah ich – ging drüber – und andere Sehenswürdigkeiten. Von Studer erhielt ich als Andenken sein Büchlein und Panorama vom Mont Velan; von Morlot sein Lausanner-Panorämchen. – 

Von Bern ging es nach Zürich per Eisenbahn, in Begleitung des Schnees. Ich kam gleich zu herrn Keller; er führte mich zuerst in die Versammlung der alterthumsforschenden Gesellschaft, wo ich auch Professor Wertmüller und Maler Stadler kennen lernte. Besonders lieb aber war mir die Bekanntschaft mit Maler Vogel, dersehr freundlich und gefällig war. Er zeigte mir seine zahlreichen Bilder, aus der Geschichte und dem Volksleben des Schweizervolkes, seine Studien und so weiter , was mich alles recht freute. In Arbeit hatte er eben Gesslers Tod in der hohlen Gasse, die unerschrockene Bündtnerin, das Lauterbrunnen-Thal mit Staffage (Aufzug auf die Alp), ein Apenzeller-Bildchen et cetera : theils untertuscht, theils unter- malt. Ferner war ich bei Herrn Sigfried, Alterthumsforscher, der mich zu Mittag und Abend zu Thee einlud, ins Antiquarium, ins Museum, in die Stadtbibliothek, zu Professor Ulrich führte, bei dem ich die Walliser-Panoramas von Conrad Zeller sah. Auch bei Keller war ich zu Frühstück, Mittag eingeladen. Er wünschte, ich würde mich dann in Zürich niederlassen; das Künstlerleben sei dort nächst Genf am Besten vertreten in der Schweiz; verschiedene Künstler (wie Vogel, Koller, Stadler und so weiter ), ein Künstlerverein, eine alljährliche Kunstausstellung und so weiter Ich würde auch noch Privatstunden zu Zeichnungsunterricht bekommen, obwohl bereits zwei Privat- zeichnungslehrer da sind, so wie noch die Professoren am Polÿtechnicum et cetera Die Privatstunden würden zu 1, 1 ½ Franken und mehr bezahlt. Uebrigens könnte er natürlich jetzt noch nichts bestimmtes sagen, auch in Betreff irgend einer öffentlichen Zeichnungsschule; das könne man erst bei meiner Rückkehri bestimmen. In Betreff des Panoramas war in Zürich nicht viel zu machen; die beiden Kunsthändler daselbst sind jetzt geisteskrank. Es gab ein paar Sousscriptionen; und Keller wird sich weiter darum bemühen, auch mit Chartograph und Kunsthändler Ziegler in Winterthur sprechen, wofür er gute Hoffnung äusserte. – Keller und Glasmaler Rettinger lassen grüssen. Loretan war schon seit Allerheiligen verreisst. – Item, auch die Bekanntschaft von Runge und andere machte ich. Die Gelehrsamkeit blüht in Zürich in hohem Grade. –

Auch wurde ich vielseitig ausgefragt über Alterthümer, Sagen und der gleichen aus Wallis; – Keller wünschte, die Sagen inDialekt zu erhalten, mit der Sammlung von Walliserworten, die beide, aber als Brouillon unter den Schriften in der untersten Schublade der Commode im Malerzimmer liegen, da wo die Albums, die Neujahrshefte und so weiter sind (nämlich bei den kleinen Cahiers, die links beim Herausziehen stehen). Wollen Sie selbe an Keller senden, thun Sie ihm einen Gefallen; villeicht wäre es aber gut, selbe vorher etwas zu ordnen, zu sondiren et cetera Auch Regierungsstatthalter Gottlieb Studer in Bern wünschte die Nummer des Wochenblattes zu lesen, in dem die Besteigung des Dom’s von T. beschrieben ist. – Sie könnten letzteres, wenn Sie wollen, an Maler Julius-Rieter-Brunner in Bern (Holligen) senden, der es an Studer übergeben würde. –

Von Zürich ging es weiter nach Basel, durch den Hauenstein- Tunnel, den die Eisenbahn in 6 Minuten durchsaust. Von Basel kam ich durch das Grossherzogthum Baden, nach Darmstadt und von hier durch eine neue Bahn und Dampfboot nach Mainz. Bis hieher, von Bern an, war alles im Schnee. Von hier an aber war keiner mehr. Glücklicherweise fuhren die Dampfer noch; der Wasserstand des Rheins war aber sehr niedrig; es musste mit grösster Vorsicht gefahren werden; dreimal wurden wir umgeladen, das heisst wurde das Dampfboot gewechselt; zuerst von Mainz bis Wallof ein ganz kleines; von hier an bis Coblenz, an die Moselmündung, führt uns das grössere Schiff Mannheim; und in Coblenz nahm uns schliesslich ein noch grösseres auf, der Hohenzoller; aber alle drei waren immer noch Schiffe von wenig Tiefgang. Und dennoch fuhr das eine einmal auf; es gab ein tüchtig Gekrach, aber keine Schaden, alsbald gings wieder weiter bis Cöln. Von Bonn an war es Nacht. Zahlreiche Fackelzüge sah man am Ufer. Von Cöln bis Düsseldorf per Eisenbahn. Ich habe Wohnung gefunden und kann in Jordans Atelier weiter arbeiten. Die Walliser-Studien gefallen dem Jordan. Doch hierüber, sowie über Düsseldorf überhaupt, im nächsten Briefe, weil der Raum aus ist. Nun 1000 Grüsse an Sie, Vater, an Mama, Geschwisterte, alle Freunde, Gönner, Berchtold, Furrer, Calpini, Loretan, Tavernier, Gerlach, an Familien Kalbermatten, Fumeaux, Henzen, und so weiter

Ihr SohnRafael. Ich wohne mit Maler Rögels zusammen, dem frühern Stubenkamerad. Büttler aus Luzern ist hier